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Tatbestand: Die Mutter des im Jahre 1960 geborenen Beklagten war Eigentümerin mehrerer zusammenhängender Grundstücke in E. Dort wollte der damals 74 Jahre alte Vater des Beklagten im Jahre 1984 ein Bauprojekt errichten, dessen Kosten er auf etwa 8,6 Mio. DM veranschlagte. Die R, eine Tochtergesellschaft der Klägerin, gewährte dem Beklagten und dessen Eltern dafür ein Darlehen von 5,4 Mio. DM, das durch eine erstrangige Grundschuld gesichert wurde. Die klagende Bank führte die Zwischenfinanzierung durch und stellte den Eltern des Beklagten für das Bauvorhaben einen zusätzlichen Privatkredit von 2,3 Mio. DM zur Verfügung. Als Sicherheit verlangte sie eine nachrangige Grundschuld sowie die Bürgschaft des Beklagten Am 13. 3. 1984 übernahm der Beklagte schriftlich die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Kl. gegen seine Eltern "aus der Geschäftsverbindung, insb. aus laufender Rechnung und aus der Gewährung von Krediten jeder Art, aus abgetretenen oder kraft Gesetzes übergegangenen Forderungen sowie aus Wechseln (.........)". Der Beklagte war damals Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr mit einem monatlichen Einkommen von ca. DM 1500,--, hatte kein weiteres Vermögen und beabsichtigte, später Medizin zu studieren. ..... Das Bauprojekt scheiterte .... Im Mai 1986 kündigte die Klägerin die gewährten Kredite. Die Grundstücke wurden zwangsversteigert. Die Klägerin fiel mit ihren Forderungen in Höhe von mehr als 2 Mio. DM aus. Die Eltern des Beklagten haben ihr Vermögen verloren; der Vater ist inzwischen verstorben.
Die Klägerin nimmt den Beklagten in Höhe eines Teilbetrages von DM 500.000,-- aus der Bürgschaft in Anspruch. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
Entscheidungsgründe: A. Das Berufungsgericht hat den Bürgschaftsvertrag als wirksam angesehen. Die Verpflichtung des Beklagten verstoße auch dann nicht gegen die guten Sitten i. S. des § 138 I BGB, wenn er sie allein aus familiärer Hilfsbereitschaft übernommen habe. Er sei nicht durch unlautere Mittel zur Abgabe des Bürgschaftsversprechens veranlaßt worden. Aus den vom Beklagten dargelegten Umständen ergebe sich nicht, daß das beabsichtigte Projekt besonders risikoreich gewesen sei und die Klägerin von Anfang an mit dem Scheitern der Finanzierung habe rechnen müssen. Die Bürgschaft sei auch nicht infolge des erheblichen Umfangs der Haftung sittenwidrig; denn der Verkehrswert der Grundstücke hätte nach Fertigstellung .... ca. 8,9 Mio. DM betragen, die Eltern hätten mit einem monatlichen Ertrag von DM 65800,-- gerechnet, und der Beklagte habe ...... erwarten können, einmal ein ........ Vermögen zu erwerben.
B. Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. . Das Berufungsgericht geht ohne weiteres davon aus, daß die Bürgschaftsurkunde die Hauptschuld hinreichend bestimmt. Das ist im Ergebnis insoweit zutreffend, als Nr. 1 des Formulars Ansprüche aus der Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und den Eltern des Beklagten erfaßt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, an der der Senat festhält, ist der Schuldgrund hinreichend bestimmt, wenn auf bestehende und künftige Forderungen verwiesen wird, die aus einem festgelegten Kreis von Rechtsbeziehungen entstehen können. Dieser ist mit dem Begriff der Geschäftsverbindung, die im anschließenden Halbsatz - "insb. aus laufender Rechnung und aus der Gewährung von Krediten jeder Art" näher erläutert wird, genügend konkret beschrieben (vgl. BGHZ25, 318 (321) = NJW 1957, 1873 = LM § 765 BGB Nr. 2; BGH; NJW 1992, 896 = LM H. 6/1992 § 765 BGB Nr. 77/78 = ZIP 1992, 233). Ob die weiteren Teile der Klausel ebenfalls nur die bankmäßige Geschäftsverbindung erläutern oder eine darüber hinausgehende Verpflichtung ohne jede sachliche Begrenzung begründen sollen, die unwirksam wäre (vgl. Senat, NJW 1990, 1909 = LM § 765 BGB Nr. 70; NJW 1992, 896 = LM H. 6/1992 § 765 BGB Nr. 77/78), ist hier unerheblich. Denn auch in letzterem Falle bleibt die Bürgschaftsverpflichtung, die sich auf Verbindlichkeiten aus der Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und den Hauptschuldnern bezieht, davon unberührt. Der erste Teil der Bestimmung der Hauptschuld läßt sich von den nachfolgenden Zusätzen inhaltlich und sprachlich trennen; er ergibt für sich allein einen vollständigen Sinn und bleibt daher gem. § 6 I AGBG wirksam. Die hier zu beurteilende Bürgschaftsklausel entspricht in Form und Inhalt im wesentlichen derjenigen, die der Senat im Urteil vom 16. 1. 1992 (NJW 1992, 896) zu würdigen hatte. Die dort aus der Rechtsprechung des BGH zur Aufrechterhaltung des zulässigen Teils einer AGBBestimmung (vgl. BGHZ 106, 19 (25)) abgeleiteten Gründe gelten hier in gleicher Weise.
II. Die Erwägungen des Berufungsgericht zur Frage, ob der Bürgschaftsvertrag vom 13. 3. 1984 wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist, ........ bestimmen jedoch die Grenze, von der ab § 138 I BGB Anwendung findet, nicht zutreffend.
1. Ein Rechtsgeschäft ist nach dieser Vorschrift nur dann nichtig, wenn es in seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter den guten Sitten widerspricht, ......... (BGHZ 86, 82 (88) = NJW 1983, 1851 = LM § 72 EheG Nr. 11; BGHZ 107, 92 (97) = NJW 1989, 1276 = LM § 138 (Aa) BGB Nr. 38; BGH, NJW 1992, 896 = LM H. 6/1992 § 765 BGB Nr. 77/78 = ZIP 1992, 233 (235)). Die Tatsache, daß der Inhalt des Vertrages nur den Beklagten in erheblichem Umfang belastet, stellt für sich die Wirksamkeit der Bürgschaft noch nicht in Frage. Diese hat vielmehr schon kraft Gesetzes in aller Regel eine einseitige Verpflichtung zugunsten des Gläubigers zum Gegenstand. Inhalt und Sinn eines solchen Vertrages bestehen grundsätzlich ausschließlich darin, dem Gläubiger eine Sicherung für bestimmte Ansprüche gegen den Hauptschuldner zu gewähren.Die Bürgschaft ist ....... in ihrem rechtlichen Kern darauf angelegt, nur einer Seite Vorteile zu verschaffen.
2. Die eingegangene Verpflichtung ist auch nicht bereits deshalb rechtlich zu mißbilligen, weil der Bürge im Zeitpunkt seiner Willenserklärung nicht die Einkünfte oder das Vermögen zur Erfüllung der Verbindlichkeiten hatte, für die er haften soll. ( wird ausgeführt .....)
3. Verpflichtet sich der Bürge in einem Umfang, der seine gegenwärtigen und zukünftig zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse weit übersteigt, kann ein solcher Vertrag jedoch dann gem. § 138 I BGB nichtig sein, wenn der Bürge durch weitere Umstände in einer dem Gläubiger zurechenbaren Weise zusätzlich erheblich belastet wird, die zu einem unerträglichen Ungleichgewicht der Vertragspartner führen.
III. Das BerGer. hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die den Behauptungen des Bekl. entgegenstehen. Daher ist für die revisionsrechtliche Prüfung von seinem Vorbringen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist der Bürgschaftsvertrag gem. § 138 I BGB nichtig.
1. Die Unwirksamkeit des Vertrages folgt bereits aus dem besonders groben Mißverhältnis zwischen dem Verpflichtungsumfang und der Leistungsfähigkeit des Bekl. in Verbindung mit dessen geschäftlicher Unerfahrenheit. ( wird ausgeführt ....... )
2. Die Bürgschaft des Beklagten ist aber auch deshalb nach § 138I BGB nichtig, weil seine Eltern in rechtlich zu mißbilligender Weise - unter Verstoß gegen § 1618a BGB - die Entschließung, sich gegenüber der Klägerin zu verpflichten, beeinflußt haben. Die Bank muß sich diese Umstände zurechnen lassen; denn sie hat die Einwirkung der Hauptschuldner auf den Bürgen mindestens grob fahrlässig außer acht gelassen.
a) Die grundrechtlich geschützte Privatautonomie vermag das Abschließen risikoreicher und zugleich einseitig belastender Geschäfte nur zu rechtfertigen, sofern beide Partner in der Lage sind, sich in Freiheit für oder gegen eine vertragliche Bindung zu entscheiden. Erst diese Freiheit ............ ergibt die Rechtfertigung dafür, den Bürgen trotz ihn außergewöhnlich belastender Rechtsfolgen an der selbstverantwortlich getroffenen Entscheidung festzuhalten (BVerfG, NJW 1994, 36 = ZIP 1993, 1775 (1779)).
b) Das Begehren der Eltern an ihre erwachsen gewordenen Kinder, allein aus familiärer Hilfsbereitschaft eine Bürgschaft zu leisten, die weit über deren finanzielle Leistungsfähigkeit hinausgeht, ist häufig sittlich fragwürdig und mit den auch volljährigen Kindern gegenüber bestehenden Pflichten nicht zu vereinbaren. Schon die Gestaltung des Unterhaltsrechts, besonders aber die mit der Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge eingeführte Bestimmung des § 1618a BGB macht deutlich, daß Eltern und Kinder einander lebenslang Beistand und Rücksichtnahme schulden (vgl. BVerfGE 57, 170 (178) = NJW 1981, 1943; Knöpfel, FamRZ 1985, 554 ff.). Diese Norm begründet echte Rechtspflichten, an deren Verletzung .. keine unmittelbaren Sanktionen geknüpft sind (Hinz, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 1618a Rdnr. 2; Soergel/Strätz, BGB, 12. Aufl., § 1618a Rdnr. 3). Insbesondere die Verpflichtung zur Rücksichtnahme kann es gebieten, eigene Wünsche zurückzustellen, wenn dies bei vernünftiger Abwägung mit den Interessen des anderen sachlich geboten ist. Veranlassen Eltern ihre Kinder, eine Bürgschaft zu leisten, die zur Folge hat, daß jene bei Eintritt des Risikos auf unabsehbare Zeit .... hohe Zahlungen an den Gläubiger leisten müssen, so gefährden sie nachhaltig deren gesamte eigenständige Lebensgestaltung, die sich häufig erst im Aufbau befindet. Eine solche Einwirkung auf volljährig gewordene Kinder widerspricht einem Verhalten, wie es § 1618a BGB für die gegenseitige Beziehung von Eltern und Kindern vorschreibt, ....... ...................
. c) Freilich kennzeichnen diese Umstände in erster Linie ein sittenwidriges Handeln im Verhältnis zwischen Hauptschuldner und Bürgen. Sie bleiben jedoch nicht ohne Einfluß auf die Rechtsbeziehung des Bürgen zur Gläubigerbank. ( wird ausgeführt ) Die Klägerin der auch das Risiko der Finanzierung nicht verborgen geblieben sein konnte, hat die Darlehensnehmer aufgefordert, die Bürgschaft in dem beschriebenen Umfang beizubringen. ( wird ausgeführt .........)
C ) Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 564 I ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden; denn sie bedarf weiterer tatrichterlicher Aufklärung.
1. Nach dem von der Kl. dargelegten Sachverhalt war der Bürgschaftsvertrag nicht gem. § 138 I BGB nichtig.
a) Die Kl. hat substantiiert vorgetragen, der Bekl. habe ein erhebliches eigenes wirtschaftliches Interesse an der Kreditgewährung gehabt; denn es sei beabsichtigt gewesen, daß er die Hausverwaltung übernehme und die Zwischenvermietung durchführe. Aus diesem Grunde habe der Bekl. auch den Darlehensvertrag mit der R als Mitantragsteller unterzeichnet. Trifft dies alles zu, sollte der Bekl. - bei kalkulierten Nettomieteinnahmen von 890000 DM jährlich - möglicherweise partnerschaftlich, einem Mitunternehmer vergleichbar, in das geplante Bauprojekt einbezogen werden. Er könnte dann zu behandeln sein wie jeder Dritte, der ein unmittelbares Interesse an der Errichtung des Bauvorhabens und der Gewährung des Kredites hatte.
Die Voraussetzungen des § 138 I BGB könnten auch dann zu verneinen sein, wenn die Klägerin jedenfalls subjektiv davon ausgehen durfte, der Beklagte sei an dem Projekt in der geschilderten Weise beteiligt. Das würde allerdings voraussetzen, daß die Klägerin diese Frage sorgfältig überprüft hatte und die erhaltenen Informationen eine entsprechende Schlußfolgerung rechtfertigten. Allein die Angaben der Kreditnehmer sowie die Tatsache, daß der Beklagte den Kredit bei der R als Mitverpflichteter unterzeichnet hatte, reichen dafür nicht aus. .....................
2. Bei der danach zu treffenden Gesamtabwägung wird das Berufungsgericht. zu beachten haben, daß der Beklagte die Umstände, die zur Nichtigkeit des Vertrages nach § 138 I BGB führen, zu beweisen hat, insoweit verbleibende Ungewißheiten also grundsätzlich zu seinen Lasten gehen.
3. Sollte das Berufungsgericht aufgrund der noch zu treffenden Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, die Klägerin habe das Risiko damals als vertretbar einstufen dürfen, und der Bürgschaftsvertrag sei wirksam, kann der Bekl. nach dem bisherigen Tatsachenvorbringen der Klägerin nicht entgegenhalten, sie hätte ihn über die Risiken der vorgesehenen Finanzierung aufklären müssen. Eine solche Verpflichtung obliegt dem Gläubiger gegenüber dem Bürgen grundsätzlich nicht ( ......)
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