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Ausgewählte Urteile im Volltext oder in Auszügen
V Genereller formularmäßiger Verzicht des Bürgen auf seine Rechte aus § 776 BGB ist in Abkehr zur früheren Rechtsprechung des BGH [BGHz 78, 137 = NJW 1981, 748 u.a] (siehe zur bisherigen Rechtsprechung die Besprechung von Beining im WEB) nach § 9 AGBG unwirksam.
BGH IX ZR 328/98 (Oldenburg)
v. 2000-03-02
Hervorhebungen
im
Text von mir (db)
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 328/98
OLG Oldenburg
LG
Verkündet am: 2. März 2000
..... ....
Tatbestand: Die klägerische Bank gewährte dem Ehemann der Beklagten (Hauptschuldner) geschäftliche Kredite. Die Beklagte übernahm unter dem 2.2.90 und dem 2.4.92 jeweils formularmäßig selbstschuldnerische Bürgschaften "zur Sicherung aller bestehenden und künftigen -auch bedingten oder befristeten- Ansprüche aus der Geschäftsverbindung" mit dem Hauptschuldner "auch wenn die Sicherheit anläßlich einer bestimmten Kreditgewährung bestellt wird.", bis zum Betrag von 100.000 DM. Nr.8 des Bürgschaftsvertrages vom 2.4.92 lautet: "Der Bürge verzichtet auf die Rechte aus § 776 BGB." Der Bürgschaftsvertrag vom 2.2.90 enthält eine wortgleiche Klausel. Unter dem 7.5.93 schloss der Hauptschuldner mit der Klägerin einen Vertrag über die Gewährung eines Betriebsmittelkredits in Höhe von DM 200.000. Dieser wurde auf einem Darlehenskonto Nr- ...157 zur Verfügung gestellt. Auf der anderen Seite wurde die Kreditlinie auf einem Kontokorrentkonto (Nr....100), die bis dahin 500.000 DM betragen hatte, auf DM 300.000,-- reduziert. .. Im Jahre 1996 fiel der Hauptschuldner in Konkurs. Die Klägerin verwertete eine auf einem Grundstück des Hauptschuldners eingetragene Grundschuld und erlöste hieraus .... 330.000 DM. Außerdem zog sie ihr sicherungshalber abgetretene Forderungen ein und ließ ihr sicherungsübereignetes Inventar versteigern. Auf Grund einer Vereinbarung mit dem Konkursverwalter vereinnahmte sie 80% der Erlöse aus dem Forderungseinzug und 50% der Erlöse der versteigerten Sachen. .......... Die restlichen Erlöse kamen der Masse zugute. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus der Bürgschaft vom 2.4.92, hilfsweise aus der Bürgschaft vom 2.2.90, auf Zahlung von 100.000,-- DM in Anspruch.
Das LG hat die Klage abgewiesen; das OLG
hat ihr in der Hauptsache stattgegeben. Die Revision der Beklagten war
erfolgreich und führte zu Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung
der Sache.
Entscheidungsgründe: I. Nach Meinung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihre am 2.4. 92 übernommene Bürgschaft konkludent auf die durch die Verträge vom 7.5.93 begründeten Verbindlichkeiten erweitert. Die Klägerin habe belegt, dass die verbürgten Hauptforderungen noch in den Bürgschaftsbetrag übersteigender Höhe offen seien. Soweit die Klägerin sich mit dem Konkursverwalter darauf geeinigt habe, dass ihr der Erlös aus der Verwertung anderweitigen Sicherheiten nur zum Teil zufließe, könne sich die Beklagte dagegen nicht wehren, weil sie auf ihre Rechte aus § 776 BGB wirksam verzichtet habe.
II. Das
hält in wesentlichen Punkten einer revisionsrechtlichen
Überprüfung
nicht stand:
1.
Zu Recht rügt die Revision die Auslegung des
Berufungsgerichts,
die Beklagte habe sich, indem sie die Kreditverträge vom 7.5. 1993
mit unterschrieben habe, zugleich für durch diese
Verträge
neu gewährte Kredite verbürgt. Ob die beiden
Kreditverträge
vom 7.5.93 den Charakter von allgemeinen Geschäftsbedingungen oder
von Individualverträgen haben, ist in den Vorinstanzen nicht
erörtert
worden. Die Frage kann indes offenbleiben. Selbst wenn es sich um
Individualverträge
handeln sollte, ist der Senat an die Auslegung des Berufungsgerichts
nicht
gebunden. Die tatrichterliche Auslegung ist für das
Revisionsgericht
nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte
Auslegungsregeln,
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind (BGHz 131, 136
[138]
= NJW 96, 248 ...; BGH, NJW 92, 1967 [1968],..; BGH, NJW 95, 959 ....).
Einer entsprechenden Überprüfung hält die Auslegung des
Berufungsgerichts nicht stand.
Das
Berufungsgericht
hat nicht verkannt, dass die Beklagte die Kreditverträge "nur in
Hinblick
auf den Güterstand und ihre danach erforderliche Mitwirkung"
mit unterschrieben hat. da aber in den Verträgen unter
"sonstige
Sicherheiten" auch eine Bürgschaft der Beklagten über
100.000
DM aufgeführt gewesen sei und daraus -so meint das
Berufungsgericht-
habe entnommen werden können, dass die Klägerin diese
Bürgschaft
auch für die neuen Kredite habe in Anspruch nehmen wollen, habe
die
Beklagte dem durch ihre Unterschrift zugestimmt. Diese Erwägungen
sind fehlerhaft. Wenn die Beklagte den von ihren Ehegatten
abgeschlossenen
Kreditverträgen (die tatsächlich nur auf eine bankinterne
Umbuchung
Unschuldung hinausliefen, dazu unter II 2c aa) allein aus
ehegüterrechtlicher Rücksichtnahme
zugestimmt hat, weil der Kreditnehmer, ihr Ehemann, diese vermeintlich
ohne ihre Zustimmung nicht wirksam abschließen konnte, liegt der
Gedanke fern, dass sie eine Bürgschaft hat übernehmen wollen.
Falls die Beklagte überhaupt zur Kenntnis genommen hat, dass die
Klägerin
eine Bürgschaft der Beklagten auch zur Deckung der "neuen
Kredite"
verwenden wollte, musste sie deswegen noch nicht annehmen, die
Klägerin
erwarte von ihr -über die Bürgschaft vom 2.4.92
hinaus-
eine neue Bürgschaft. Denn nach Ansicht des Berufungsgerichts sind
seinerzeit beide Parteien davon ausgegangen, die Bürgschaft vom
2.4.92
sei auch mit weiterer Zweckerklärung wirksam und decke somit
die
"neuen Kredite" mit ab. Folgerichtig kann dann auch
nicht
angenommen werden, dass die Klägerin der Beklagten den
Abschluss
eines neuen Bürgschaftsvertrages angetragen hat oder hat
auch
nur antragen wollen. Eine neue Bürgschaft wäre deswegen nur
zu Stande gekommen, wenn die Klägerin die Mitunterzeichnung der
Kreditverträge durch die beklagte als Angebot auf Abschluss eines
Bürgschaftsvertrages verstanden und dieses dann auch angenommen
hätte. Etwas derartiges hat das Berufungsgericht - insoweit
konsequent - nicht in Erwägung gezogen, weil beide Partein
der Meinung gewesen seien, die Bürgschft vom 2.4.1992 reiche aus.
Nach dem
bisher
Gesagten liegt auf der Hand, dass sich die Beklagte am 7.5.93 nicht
erneut
verbürgt hat. Das kann der Senat selbst feststellen.
2. Ob und
gegebenenfalls in welcher Höhe die am 2.4.92 übernommene
Bürgschaft (noch) Forderungen der Klägerin gegen
den Hauptschuldner sichert, ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
a) Zutreffend
hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die
Bürgschaftserklärung
vom 2.4.92 jedenfalls insoweit gegen § 9 AGBG verstößt,
als dadurch auch künftige Ansprüche der Klägerin gegen
den
Hauptschuldner abgesichert werden sollen (vergl. BGHz 130, 19 [31 ff.]
= NJW 1995, 2553 ...; BGHz 132, 6 [9] = NJW 96, 924...; .......... BGH,
NJW 2000, 658 = WM 2000, 64 [65 f.]). Entgegen der von der
Revisionserwiderung
vertretenen Ansicht war die Beklagte nicht in der Lage, die Erweiterung
der Verbindlichkeiten ihres Ehemannes so zu verhindern, wie ein
Geschäftsführer
oder Mehrheitsgesellschafter Kreditaufnahme durch "seine"
GmbH
verhindern kann. Weder der Abschluss von Darlehensverträgen durch
einen Ehegatten noch die Verbürgung dieser
Darlehensverbindlichkeiten
durch den anderen Ehegatten bedürfen nach § 1365 I 1 BGB der
Einwilligung (vergl. Staudinger/Thiele, BGB, 13. Bearb., § 1365
Rdnr.
6; Soergel/Lange, BGB, 12. Aufl. § 1365 Rdnr. 25; Finke in: RGRK,
12. Aufl., § 1365 Rdnr. 7). Da mag bei einem
-anlässlich
der Kreditaufnahme abgeschlossenen- Sicherungsvertrag, durch den
sich ein Sicherungsgeber zur Bestellung von Realsicherheiten
verpflichtet,
anders sein, falls zur Erfüllung das gesamte Vermögen
herangezogen
werden muss oder dem Zugriff des Sicherungsnehmers ausgesetzt wird.
Dass
der Ehemann der Beklagten die von dieser verbürgten Kredite
seinerseits
unter Einsatz seines gesamten Vermögens besichert habe, ist aber
in
den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden.
b)
Unrichtig ist demgegenüber die Meinung des Berufungsgerichts,
im vorliegenden Fall besichere die Bürgschaft nur die im Zeitpunkt
der Verbürgung bestehenden Kreditforderungen, diese aber
-nach
Maßgabe des Höchstbetrags der Bürgschaft-
insgesamt.
aa) Eine
formularmäßige Zweckerklärung, die es dem
Bürgschaftsgläubiger
ermöglicht, einen anderen Kredit als denjenigen, der objektiv
Anlass
für die Verbürgung gewesen ist, unter Deckung zu nehmen,
benachteiligt
den Bürgen gegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen
(§ 9 AGBG). Deswegen wird auch eine formularmäßige
Zweckerklärung,
mit welcher die Bürgschaft pauschal auf alle gegenwärtigen
Forderungen
gegen den Hauptschuldner erstreckt wird, nicht wirksam in den
Bürgschaftsvertrag
einbezogen (BGH, NJW 2000, 658 = WM 2000, 64 [65 f. ]). Die
Bürgschaft
bleibt lediglich insoweit wirksam, als sie den so genannten
Anlasskredit
sichert (§ 6
II AGBG i.V.m. §§ 133, 157 BGB).
bb) Welche
Kredite objektiv den Anlass für die Verbürgung vom 2.4.92
gebildet
haben, hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Das
Berufungsgericht hat angenommen, vor der "Erweiterung" im
Mai
1993 seien Anlass der Verbürgung "die am 2.4.92 bestehenden
Darlehensverbindlichkeiten und das damalige Kreditlimit" gewesen.
Diese eher beiläufig getroffene Bemerkung widerspricht -wie
die Revision mit Recht rügt (§ 286 ZPO)- dem durch das
Zeugnis ihres Ehemannes unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten.
Danach war Anlass der Verbürgung vom 2.4.92 die Gewährung
eines
Eigenkapitalhilfedarlehens (EKH-Darlehen) in Höhe von DM 100.000.
Das hat der vom LG für glaubwürdig erachtete Zeuge auch so
bestätigt. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht
auseinander gesetzt. Füt die revisionsinstanz ist deshalb
von der Behauptung der Beklagten auszugehen.
Das
EKH-Darlehen
ist zwar -auch nach Ansicht der Revision- noch offen. Es
liegt
der Klage aber nicht zu Grunde. Nach dem im Tatbestand des
berufungsurteils
wiedergegebenen Klagevorbringens "rührt die jetzt noch
bestehende
Restforderung aus dem Kontokorrentkonto Nr. ......100" her. Das
EKH-Darlehen
hat die Klägerin auf dem Konto Nr. ... 141 gebucht. Danach
wäre
die Klage unbegründet, weil die Klägerin die Bürgin
für
Forderungen in Anspruch nimmt, für die sie sich nicht
verbürgt
hätte.
c) Selbst
wenn Anlass für die Verbürgung -wie das Berufungsgericht
gemeint hat- alle Darlehensverbindlichkeiten und
Kontokorrentforderungen
bis zu dem am 2.4.92 bestehenden Kreditlimits gewesen sein sollten,
wäre
bislang nicht belegt, dass noch verbürgte Forderungen von
mindestens
100.000 DM bestehen.
aa) Dass
das Berufungsgericht -als Folge seiner nicht haltbaren
Feststellung,
die Beklagte habe sich letztmalig am 7.5.93 verbürgt (dazu oben
1)-
von dem Forderungsbestand am 7.5.93 ausgegangen ist, wirkt sich
allerdings
nicht aus. soweit es um die an diesem Tag vollzogene Umwandlung des
damals
bestehenden Kontokorrentkredits in ein Tilgungsdarlehen geht. Die
Ansicht des Berufungsgerichts, dadurch sei der Kontokorrentkredit in
Höhe
von 200.000 DM erloschen -gegebenenfalls hätte sich dadurch
auch die Haftung der Beklagten entsprechend vermindert ( § 767 I 1
BGB)-, ist unrichtig. Die sich als "bankinterne
Umschuldung"
darstellende Umwandlung eines Kontokorrentkredits in ein Darlehen unter
Verwendung eines neuen Kredits bedeutet im Zweifel lediglich eine
Vertragsänderung
mit der Folge, dass eine zur Absicherung des Rückzahlungsanspruchs
aus dem Kontokorrentkreditvertrages eingegangene Bürgschaft
bestehen
bleibt (BGH, NJW 99, 3708 = ZIP 99, 1881 [1882]).
bb)
Ausgewirkt haben kann sich jedoch, dass die Beklagte
-abgesehen
von der Begrenzung durch den Höchstbetrag der
Bürgschaft-
möglicherweise nicht für alle Schulden ihres Ehemannes als
Bürgin
einstehen muss. Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
............................................
(wird ausgeführt)
Insgesamt
haftete
die Beklagte somit in Höhe von 300.000 DM; 70.361,86 DM, 5.047,93
DM, 129.596,02 DM = 505.005,81 DM und nicht -wie das
Berufungsgericht angenommen hat- in Höhe von
777.546,32
DM. In diese Summe hat das Berufungsgericht die Beträge des
EKH-Darlehen
...... eingerechnet, für welche die Klägerin die
Bürgschaft
gar nicht genommen haben will.
cc)
Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist nicht
auszuschließen,
dass die Forderungen, für welche die Beklagte als Bürgin
einstehen
muss, in Hinblick auf die Erlöse aus der Verwertung von
Sicherheiten
(....) getilgt sind. Gutgeschrieben hat die Klägerin dem Schuldner
Erlöse in Höhe von insgesamt 568.875,31 DM. Das ist
zwar
mehr als die im Vorstehenden ermittelte Haftungssumme von 505.005,81
DM.
Es steht aber derzeit nicht fest, wieviel der Hauptschuldner der
Klägerin
insgesamt schuldete und wie die Sicherheitenerlöse darauf zu
verrechnen
waren.
Weitergehende
Erlöse - rechnerisch machen sie 20% von 89707, 11 DM = 17941,42 DM
und 50% von 334219,26 DM = 167109,63 DM aus - überließ die
Klägerin der Konkursmasse.
Deswegen
hat die Beklagte sich auf § 776 BGB berufen. § 776 BGB
sieht
vor, dass der Bürge, wenn der Gläubiger ein mit der Forderung
verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder
Schiffshypothek,
ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen
Mitbürgen
aufgibt, insoweit frei wird, als er aus dem aufgegebenen Recht nach
§ 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Zu den
Rechten i.S. von § 776 BGB sind über die ausdrücklich
erwähnten
akzessorischen Rechte hinaus auch selbständige Sicherungsrechte
wie Sicherungsgrundschulden, Sicherungseigentum oder
Sicherungsabtretungen
zu zählen, zu deren Übertragung auf den zahlenden Bürgen
der Gläubiger
in analoger Anwendung der §§ 774, 412,
401 BGB schuldrechtlich verpflichtet ist (vergl. BGHz
78,
137 [143] = NJW 1981, 748; BGHz 110, 41 [43] = NJW 90, 903 ... ;
BGH, NJW 94, 1796 ..... Habersack in MünchKomm., 3. Aufl., §
776 Rdnr. 6).
Das
Berufungsgericht
hat die Berufung auf § 776 BGB nicht gelten lassen, weil
die
Beklagte im Bürgschaftsvertrag auf die entsprechenden Rechtsfolgen
wirksam verzichtet habe. § 776 BGB enthält kein
zwingendes
Recht, sondern ist grundsätzlich abdingbar (vergl. BGH, NJW
81,
748 = WM 80, 1255 [1256]; Staudinger/Horn, BGB, 13. Bearb. , § 776
Rdnr. 20) Ob der Verzicht wirksam ist, wird im vorliegenden Fall
erheblich.
Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle der
Unwirksamkeit
des Verzichts die Klägerin vollständig befriedigt ist.
Ein
formularmäßiger
Verzicht, wie er in Nr. 8 des Bürgschaftsvertrages enthalten ist,
ist unwirksam. Allerdings haben der VIII. , der III. und
der erkennende Senat des BGH früher - vor und nach
In-Kraft-Treten des AGB-Gesetzes - die gegenteilige
Meinung vertreten (BGHz 78, 137 [143] =NJW 81, 748; BGHz 95, 350
[358 f.]; BGHz 108, 179 [183], = NJW 89, 2530 ..... BGH, NJW 94,
2146 = WM 94, 1064 [1066]). In einer neueren Entscheidung hat der Senat
-ohne die Frage letztendlich entscheiden zu müssen- aber
bereits
Zweifel geäußert, ob an dieser Auffassung festzuhalten sei
(BGHz
136, 347 [352] = NJW 97, 3372...).
Der
BGH
hat seine frühere Auffassung damit gerechtfertigt, dass in der
Regel
weder der Bürge noch die Gläubigerbank den Hauptschuldner in
seiner geschäftlichen Tätigkeit einschränken wollten.
Nach
Nr. 19 AGB-Banken (jetzt Nr. 14) dienten alle irgendwie in den Besitz
oder die Verfügungsgewalt
der Bank gelangten Sachen und Rechte eines Kunden als Pfand für
alle
bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen ihn.
Gegebenenfalls stünden diese Pfandrechte neben der
Bürgschaft.
Ohne Ausschluss der Rechte des Bürgen aus § 776 BGB
müssten
die Werte, an denen die Bank Pfandrechte erlangt habe, blockiert
werden. ..... Der Ausschluss der Rechte aus
§776 BGB vermeide somit wesentlichen Nachteile für den
Hauptschuldner
und diene ... auch den Belangen des Bürgen. ......
Es erscheint
bereits zweifelhaft, ob die dieser Rechtsprechung zu Grunde liegende
Annahme
zutrifft, jede von der Gläubigerbank zugelassene Verfügung
des
Kunden .... bedeute das Aufgeben eines Sicherungsrechts i.S. von §
776 BGB. Vielmehr spricht vieles dafür, die Zweckvereinbarung
dieser
Sicherungsrechte dahin zu verstehen, dass dem Kunden jedenfalls so
lange,
wie die Bank ihr Sicherungsrecht nicht geltend macht, die
Möglichkeit
der Verfügung über die belasteten Sachen und Rechte
verbleiben
soll (vergl. BGH, LM Allgem. Geschb. d. Banken Ziffer 19 Nr. 16 =
WM
1983, 926 [927]). Dann wäre der Kreditnehmer auch ohne
"Aufgabe"
der Sicherungsrechte ... in seiner geschäftlichen
Bewegungsfreiheit
nicht ungebührlich eingeschränkt. Eines Verzichts des
Bürgen
auf die Rechtswohltat des § 776 BGB bedürfte es dazu nicht.
Aber auch wenn
man dies mit der bisherigen Rechtsprechung anders sehen wollte,
könnten
die ihr zu Grunde liegenden Erwägungen einen
uneingeschränkten
Verzicht des Bürgen auf die ihm durch § 776 BGB
eingeräumte
Rechtsstellung nicht rechtfertigen. Ein derartiger Verzicht ist allenfalls
insoweit nicht zu beanstanden, als es um solche Rechte geht, die dem
Kreditinstitut
auf Grund der erwähnten Klauseln seiner AGBen zustehen. Anders
liegt
es grundsätzlich hinsichtlich solcher Sicherungsrechte, die
nicht durch Nr. 19 AGB-Banken a.F. (jetzt Nr. 14) oder vergleichbare
AGBen
begründet wurden, sondern auf gesonderten Sicherungsvereinbarungen
beruhen. Bei derartigen Sicherungsrechten kann nicht allgemein
davon ausgegangen werden, dass sie ohne eine Aufgabe
........
die geschäftliche Handlungsfreiheit des Hauptschuldners
unangemessen
beschränken. Damit entfällt sogleich die
Grundvoraussetzung,
auf der die bisherige Rechtsprechung zur klauselmäßigen
Zulässigkeit
eines uneingeschränkten Verzichts auf die Rechtsfolge des §
776
BGB beruht.
Ein solcher
uneingeschränkter Verzicht ist vielmehr nach § 9 AGBG
unwirksam,
weil er den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen
benachteiligt. § 776 BGB soll den Bürgen, der mit seinem
gesamten
Vermögen für die Erfüllung seiner Verpflichtung ....
einzustehen
hat, in besonderer Weise schützen. Die Norm steht im engen
Zusammenhang
mit § 774 BGB. Danach gehen -wie dargelegt- nicht nur
die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner, sondern
auch
die für sie bestellten akzessorischen Sicherungsrechte bei einer
Befriedigung
des Gläubigers durch den Bürgen auf diesen über;
nichtakzessorische
Sicherungsrechte sind auf ihn zu übertragen. Dadurch wird
unterstrichen, daß der Bürge -selbst wenn ihm im Einzelfall
die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) nicht zusteht- nicht der
primäre Schuldner ist. der Bürge, der den Gläubiger
befriedigt hat, soll in dessen Rechtsstellung - und zwar in jeder
Hinsicht- einrücken, um sich nach Möglichkeit bei dem
Hauptschuldner oder einem Dritten, der die Hauptschuld neben dem
Bürgen besichert hat, "erholen" zu können. Durch diese
Verstärkung der Durchsetzbarkeit der des Rückgriffsanspruchs
sollen die Folgen der Bürgenhaftung gemildert werden. Diese
Begünstigung
des Bürgen würde entwertet, wenn es dem Gläubiger
gestattet
wäre, zu Lasten des Bürgen einseitig weitere für die
Hauptschuld
bestellte Sicherungsrechte aufzugeben. ............. Dem will §
776
BGB vorbeugen, indem er den Bürgen insoweit von seinen
Verpflichtungen
befreit, als er aus dem aufgegebenen Rechte hätte Ersatz erlangen
können. Eine Klausel, die dem Bürgen diese Möglichkeit
ganz
allgemein abschneidet, indem sie ihn ohne gewichtige Gründe und
ein
überwiegendes Interesse des Gläubigers einen generellen
Verzicht
auf die Rechtsfolgen des § 776 BGB ansinnt, ist mit dem
Grundgedanken
dieser Vorschrift nicht vereinbar und beeinträchtigt den
Bürgen
unangemessen (§9 II Nr. 1 AGBG).
Dem steht
nicht
entgegen, dass der Bürge auch nach der bisherigen Rechtsprechung
gegen
eine willkürliche Freigabe von Sicherheiten durch § 242 BGB
geschützt
wird. Die Angemessenheit einer Klausel i.S. v. § 9 AGBG verlangt
einen
sachgerechten vertraglichen Ausgleich der Interessen von Verwender und
Vertragspartner (vergl. BGH, NJW-RR 95, 1260 = WM 95, 1636 [1638]). Der
Verwender darf nicht versuchen, nur seine eigenen Interessen
durchzusetzen,
ohne von vornherein die Interessen des Gegners hinreichend zu
berücksichtigen
(vergl. BGHz 120, 108 [118] = NJW 93, 326; BGH, NJW-RR 97, 304 = WM 97,
131 [134]). Bei einer bloßen Willkürkontrolle ist ein
derartiger
Interessenausgleich nicht gewährleistet. Vielmehr werden die
Interessen
des Verwenders in erheblich größerem Umfange ....
geschützt,
... ..........
Dass ein
undifferenzierter
klauselmäßiger Verzicht des Bürgen auf die Rechte des
§
776 BGB gegen § 9 AGBG verstößt, wird auch in
großen
Teilen des Schrifttums vertreten (vergl. etwa
Hadding/Häuser/Welter,
in Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des
Schuldrechts
............. S. 643 f.; Tiedtke, BB 84, 19 [23]; ders. ZIP 86, 150
[155];
Reinicke/Tiedtke, BürgschaftsR, Rdnrn. 363 f. ....... Fischer, WM
98, 1705 [17812]).
Selbst wenn
sich die Beklagte der Klägerin gegenüber auf § 776 BGB
berufen
kann, steht damit noch nicht fest, dass die Beklagte der Klägerin
nichts mehr schuldet . ..........
Es kommt
darauf
an, ob die anderweitigen Sicherheiten der Klägerin bei
Bürgschaftsübernahme
oder zu einem späteren Zeitpunkt ausschließlich die
verbürgte
Hauptschuld absicherten oder ob sie von vornherein auch der Sicherung
anderer
Ansprüche der Klägerin dienten. Nur im ersteren Fall
hätte
die Beklagte bei einer Befriedigung der Klägerin die
zusätzlichen
Sicherheiten in vollem Umfang für sich verwerten
dürfen.
Sollte der Sicherungszweck derjenigen Rechte, die -neben der
Bürgschaft-
zunächst allein die Hauptforderung absicherten, später durch
Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner ohne wirksame
Zustimmung
der Beklagten auf andere Ansprüche der Klägerin ausgedehnt
und
der Verwertungserlös für diese nicht von der Bürgschaft
abgedeckten Ansprüche verwertet worden sein, läge darin eine
Aufgabe dieser Rechte im Sinne von § 776 BGB (vergl. BGH, WM 1960,
371 [372]; Staudinger/Horn, § 776 Rdnr. 11; Mormann in: RGRK,
§776
Rdnr. 1). Dann wäre die Beklagte insoweit von ihrer
Bürgenverpflichtung
frei geworden, als sie aus dem jeweiligen Recht hätte Ersatz
erlangen
können, d.h. in Höhe des Verwertungserlöses.
Dienten die
zusätzlichen Sicherungsrechte hingegen bereits bei
Bürgschaftsübernahme
oder -im Falle einer nachträglichen Begründung-
zu
diesem späteren Zeitpunkte zugleich der Absicherung anderer
Ansprüche,
musste die Beklagte beim Fehlen besonderer Absprachen stets damit
rechnen,
dass der Erlös aus der Verwertung dieser Rechte zur Erfüllung
der anderen Ansprüche verwendet würde. In einer solchen
Verwendung
war eine "Aufgabe" derartiger von Anfang an mehrfach sichernder
Rechte
nicht
zu sehen. Vielmehr war es der Entscheidung der Klägerin
als Gläubigerin überlassen,
auf welche Forderungen sie die Erlöse aus der Verwertung solcher
Sicherheiten verrechnete (vergleiche BGH, NJW 1997, 2514 [2515]= LM H.
10/1997 § 242 [A] BGB Nr. 82; NJW 1998, 601 .... )
Ob die
Klägerin
mit dem Hauptschuldner eine Tilgungsreihenfolge -die im zuletzt
genannten
Fall auch die Beklagte gegen sich gelten lassen müsste (BGH, NJW
93,
2043 = WM 93, 1078 [1080])- vereinbart ode ob der Schuldner
eine einseitige Tilgungsbestimmung gemäß § 366 I BGB
getroffen
hat, ist nicht festgestellt. Fehlt es an beidem, so gilt § 366 II
BGB. Danach war die Klägerin berechtigt, die Erlöse aus der
Sicherheitenverwertung
zunächst auf solche Forderungen zu verrechnen, für welche die
Klägerin am wenigsten gesichert war. elche Forderungen dies waren,
steht nicht fest.
III. Das angefochtene Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Die Bürgschaft vom 2.2.90, auf welche die Klägerin ihr Klagbegehren hilfsweise gestützt hat, verschafft ihr jedenfalls keine weitergehenden Rechte als die Bürgschaft vom 2.4.92.
IV.
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 I ZPO). Die
Sache
ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 I 1
ZPO),
weil sie weiterer Aufklärung bedarf. Das Berufungsgericht wird
insbesondere feststellen müssen, welcher Kredit, bzw. welche
Kredite objektiver Anlaß der Verbürgung vom 2.4.1992 war,
bzw. waren. Falls die Klägerin bezgl. des EKH-Kredits wegen einer
staatlichen Kreditgarantie kein Sicherungsbedürfnis hatte, wie das
LG angenommen hat, könnte dies der Annahme entgegen stehen, der
EKH-Kredit sei oblektiver Anlaß der Verbürgung gewesen.
Insoweit trifft die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast (BGH,
NJW 1996, 1470 [1472] = ..... ..... .... )
................ (es folgen
Ausführungen des BGH, welche Sachverhalte das OLG Oldenburg noch
aufzuklären
hat) ...
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