2019-01-21
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Ausgewählte Urteile im Volltext
oder in Auszügen
Tatbestand: Der Kläger verlangt von
der beklagten Bank eine Neuberechnung der Zinsen für zwei von ihr
gewährte Darlehen aus dem Jahre 1988 und die Auszahlung eines sich
für ihn daraus ergebenden Guthabens. Das eine Darlehen über
237.000 DM hatte eine Laufzeit von zehn Jahren (Zins: 6,4%; Tilgung: 2%;
Auszahlung: 94,25%), das andere über 138.000 DM eine solche von fünf
Jahren (Zins: 5,3%; Tilgung: 3%; Auszahlung: 94,25%). Die Formularverträge
sahen monatliche Zins- und Tilgungsraten sowie eine Berechnung der Zinsen
nach dem Stand des Kapitals am Schluss des vergangenen Kalendermonats vor.
Der Kläger ist der Auffassung, eine
Einigung über die Zinssätze sei nicht wirksam zustande gekommen,
so dass auf der Grundlage des gesetzlichen Zinssatzes von 4% eine Neuberechnung
der Darlehenszinsen vorzunehmen sei.
Das Landgericht hat ...... die Beklagte
verurteilt, eine Neubrechnung der Zinsen mit der Maßgabe vorzunehmen,
dass für das erste Darlehen ein Zinssatz von 6,4% jährlich, für
das zweite ein Zinssatz von 5,3% jährlich und für beide ein Auszahlungskurs
von 94,25% sowie eine taggenaue Verrechnung der Tilgungsleistungen zugrunde
zu legen seien. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, der Neuberechnung
der Zinsen einen Zinssatz von 4% zugrunde zu legen.
Entscheidungsgründe:
...... I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Neuberechnung der Zinsen habe
bei einem Verstoß einer Zinsberechnungsklausel gegen das Transparanzgebot
anhand des vereinbarten Nominalzinssatzes zu erfolgen. Maßgebend
für die Vereinbarung der Parteien sei das Darlehensbewilligungsschreiben
vom 13. September 1988, dessen Bedingungen der Kläger durch seine
Unterzeichnung der dazugehörigen Annahmebestätigung und der Schuldurkunde
gebilligt habe. Danach seien Zinssätze von 6,4% und 5,3% vereinbart
gewesen.
In der Verzinsung des vereinbarten Disagiobetrages
liege kein Verstoß gegen das Zinseszinsverbot des § 248 BGB.
Das Disagio stelle eine Vorauszahlung auf einen Teil der Zinsen dar als
Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzinssatz. Zur Erfüllung
dieser Vereinbarten Vorauszahlung werde dabei im Wege der Verrechnung ein
Teil der Darlehenssumme verwendet.
II. Diese Ausführungen
halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht gelangt
zu dem Ergebnis, dass zwischen den Parteien Nominalzinssätze in Höhe
von 6,4% und 5,3% vereinbart worden seien. Diese Ausführungen lassen
Rechtsfehler nicht erkennen. Sie werden von der Revision auch nicht
angegriffen.
2. Die Revision rügt
nur, die Vereinbarung eines Disagios verstoße gegen § 284 BGB,
weil die gesamte Darlehenssumme unter Einschluß des Disagios verzinst
werden müsse.[??]
Damit kann die Revision nicht durchdringen.
a) Von einem Teil der Literatur
wird allerdings die Ansicht vertreten, da das Darlehensdisagio .... als
Zins zu werten sei, sei es konsequent, § 248 I BGB anzuwenden und
eine Zinsberechnung nur vom Nettobetrag (ohne Disagio) zuzulassen (MünchKomm-v.Maydell,
BGB, 3. Aufl., 1994, § 284 Rz. 2; Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl.,
1990, § 284 Rz. 4; Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., 1999, §248
Rz.1, siehe auch BGH, III ZR 219/87, ZIP 89, 903....)
Ein andereTeil der Rechtsprechung und
Literatur ist demgegenüber der Auffassung, die Einbeziehung des Disagiobetrages
in die Zinsberechnung verstoße nicht gegen § 248 I BGB (OLG
Köln, WM 92,603..., Staudinger(Karten Schmidt, BGB, 13. Bearb., 1993ff.,
§248 Rz. 11; Erman/Westermann, BGB, 9. Aufl.,1993, § 248 Rz.
2).
b) Dieser Auffassung schließt
sich der Senat an. Soweit in der Entscheidung des III. Zivilsenats des
BGH vom 1.6.89 ( III ZR 219/87, ZIP 89, 903, 905 =WM 89, 1011) eine abweichende
Ansicht zum Ausdruck gekommen sein sollte, wird diese aufgegeben.
............
Das Disagio ist zwar hier als laufzeitabhängiger
Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzins anzusehen (vergl. Senatsurt.,
BGHZ 111,287=ZIP 90, 848 .........) und hat wirtschaftlich die Funktion
von Zinsen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Verzinsung auch des als
Disagio einbehaltenen Darlehensbetrages als verstoß gegen §
248 I BGB anzusehen ist.
Ob Zinseszins vorliegt, hängt
von der Rechtsnatur der verzinsten Schuld ab. Die Verzinsung des als Disagio
einbehaltenen Betrages erscheint nur rechnerisch als die Verzinsung von
Zinsen. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch, wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat, um die rechtlich unbedenkliche Verzinsung
des Darlehensteilbetrages, der nur auf Grund der Verrechnung mit dem Anspruch
der Bank auf Zahlung des Disagiobetrages nicht ausbezahlt wurde,
der aber dem Darlehensnehmer zugute gekommen ist. Dies wierd durch einen
Blick auf andere Möglichkeiten der Disagiofinanzierung besonders deutlich.
Der Kreditnehmer könnte das Darlehen mit eigenen Mitteln ausgleichen
und dann das Darlehen zu 100% ausbezahlt erhalten. Er könnte in Höhe
eines Betrages, der dem Disagio entspricht, auch einen zweiten Kredit bei
der Bank aufnehmen und sich dieses weitere Darlehen voll auszahlen lassen.
Auch für dieses Darlehen hätte er Zinsen zu zahlen, ohne sich
auf § 248 I BGB berufen zu können. Nichts spricht dafür,
ihm diese Möglichkeit aber einzuräumen, wenn die Bank den Disagiobetrag
bei der Auszahlung des Darlehens einbehält.
III. Die Revision war daher
als unbegründet zurückzuweisen.
Anm. Dietmar Beining: Die Entscheidung
des BGH überzeugt im Ergebnis nicht. Wenn auch der Argumentation des
BGH vor allem im letzten Absatz auf dem ersten Blick mathematisch nichts
entgegenzusetzen ist, bleibt aber in jedem Fall anzumerken, daß in
Fällen der vorliegenden Art jedenfalls ein Darlehensbetrag verzinst
wird, den der Kreditnehmer in der Höhe, in der er verzinst wird, tatsächlich
nicht erhalten hat, was im Ergebnis die Aufwendungen für den Kredit
untransparent macht.
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