2019-01-06
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Ausgewählte Urteile im Volltext
oder in Auszügen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Bank, verlangt vom Kreditnehmer (nur noch) restliche
Valuta in Höhe von DM 6.304 aus einem Ratenkredit über DM 10.000. Der
Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Die Parteien
streiten im wesentlichen über die Rechtsfrage, ob die vierjährige
Verjährungsfrist des § 197 BGB auch für Valuta-Rückstände
aus einem Ratenkredit gilt. ....
Entscheidungsgründe: Der
aus § 812 BGB begründete Anspruch der Klägerin auf ratenweise
Rückzahlung des restlichen Nettokredits ist gem. § 197 BGB verjährt.
I. 1. Der Ratenkreditvertrag vom 18. 5./23.
5. 1978 ist gem. § 138 I BGB sittenwidrig und damit nichtig.
b) Hinzu kommen belastende Vertragsbestimmungen:
Die Verzugsgebühren von 1,5 % aus dem geschuldeten Restbetrag (vgl.
dazu schon BGH, NJW 1979, 805; NJW 1979, 808; NJW 1979, 2089).Die Folgen
der Gesamtfälligkeit, insbesondere der Mehraufwand für Rechtsverfolgungskosten
und der dafür verlangte Betrag von 5 % (vgl. dazu schon BGH, NJW 1979,
805; NJW 1979, 808; NJW 1979, 2089; NJW 1982, 2436) sowie, daß die
Gebührengutschrift nur im Falle der gerichtlichen Geltendmachung erfolgt.
Der Eintritt der Gesamtfälligkeit schon bei teilweisem Verzug von
zwei Raten (vgl. BGH, ZIP 1985, 1253; NJW 1986, 2564). Die Ablösegebühr
bei vorzeitiger Rückzahlung und bei der Gebührengutschrift (vgl.
BGH, NJW 1979, 2089; NJW 1980, 2074; NJW 1982, 2433; NJW 1982, 2436). Aufgrund
der Gesamtschau von Zinsvergleich und Geschäftsbedingungen liegt somit
der Tatbestand des wucherähnlichen Konsumentenkredits vor.
c) Auch die persönlichen Voraussetzungen
auf seiten beider Vertragspartner sind gegeben. Zugunsten des Beklagten
wird vermutet, daß er sich bei Aufnahme des Kredits nur wegen seiner
wirtschaftlich schwächeren Lage, Rechtsunkundigkeit und Geschäftsungewandtheit
den ihn übermäßig belastenden Vertragsbedingungen der Klägerin
unterworfen hat, sowie, daß die Klägerin sich bei der Festsetzung
der Kreditbedingungen und beim Vertragsschluß zumindest leichtfertig
dieser Einsicht verschlossen hat (vgl. BGHZ 98, 174 (178) = NJW 1986, 2564
= LM § 197 BGB Nr. 17). Diese Vermutung hat die Klägerin nicht
widerlegt.
2. Als Folge der Nichtigkeit braucht
der Beklagte gem. §§ 812, 817 S. 2 BGB die Kredit- und Bearbeitungsgebühren
sowie die Maklerprovision nicht zu bezahlen (BGH, NJW 1983, 1420; NJW 1983,
2692). Den Nettokredit muß er entsprechend dem Tilgungsplan in 47
Monatsraten zu je 308,12 DM (sog. Valuta-Raten) zurückzahlen; die
erste Valuta-Rate war danach am 1. 1. 1978, die letzte am 1. 5. 1982 fällig.
3. Der Rückzahlungsanspruch
der Klägerin auf die Valuta-Raten ist nicht durch Erfüllung gem.
§ 362 BGB erloschen. Hierzu hat der darlegungs- und beweispflichtige
Beklagte keine konkreten Tatsachen vorgetragen; die pauschale Behauptung
reicht dazu nicht aus.
4. Hingegen ist der Beklagte berechtigt,
die Leistung der noch offenen Valuta-Raten zu verweigern, denn die Einrede
der Verjährung ist begründet (§ 222 I BGB). Da die vierjährige
Verjährungsfrist des § 197 BGB zur Anwendung kommt, ist die Klageforderung
verjährt. Die letzte Valuta-Rate war am 1. 5. 1982 fällig; die
Verjährung der Valuta-Raten begann somit spätestens am Schlusse
des Jahres 1982 und endete am Schlusse des Jahres 1986 (§§ 201,
198 BGB). Eine Hemmung der Verjährung ist nicht erfolgt; die früheste
Unterbrechungs-Maßnahme, die Zustellung des Mahnbescheids (§
209 II Nr. 1 BGB), erfolgte am 5. 4. 1990, also nach Ablauf der Verjährungsfrist.
b) Der vertragliche Anspruch einer Bank
aus einem Ratenkredit auf Rückzahlung der (Bruttokredit-) Raten unterliegt
insgesamt, also sowohl hinsichtlich des Zins- wie auch des Tilgungsanteils,
der vierjährigen Verjährung des § 197 BGB.
aa) Nach § 197 Alt. 1 BGB verjähren
in vier Jahren die "Ansprüche auf Rückstände von Zinsen,
mit Einschluß der als Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke allmählicher
Tilgung des Kapitals zu entrichtenden Beträge". Bei einem Ratenkredit
wie dem vorliegenden zahlt der Kreditnehmer den Bruttokredit in gleichbleibenden
Raten zurück (abgesehen von aus Rundungsgründen geringfügig
abweichenden Anfangs- oder Schlußraten). Der Bruttokredit setzt sich
zusammen aus der Summe von Nettokredit und Kosten. Die Raten enthalten
dementsprechend einen Tilgungs- und einen Kostenanteil (zur Relation dieser
Anteile s. u.).
dd) Die Behandlung des Tilgungsanteils
bei einem Ratenkredit ist hingegen umstritten. Der Ratenkredit konnte bei
der Kodifizierung des BGB noch nicht Gegenstand von Erörterungen sein,
da das bankmäßige Ratenkreditgeschäft erst Mitte der zwanziger
Jahre in Deutschland einsetzte (vgl. HagenmüllerDiepen, S. 493). Der
Vergleich mit dem Hypothekenkredit auf der Grundlage der Vertragstypen
und des Tilgungsmodus zeigt aber, daß auch bei einem Ratenkredit
die Tilgungsanteile in den Raten als "Zuschlag" i. S. des § 197 BGB
zusammen mit dem Zinsanteil verjähren. Schwachheim (NJW 1989, 2028;
ders., NJW 1990, 1672), das LG Krefeld (Urt. v. 12. 4. 1991, von der Klägerin-Seite
vorgelegt) und das erstinstanzliche Gericht vertreten, gestützt auf
die historische Auslegung, die Auffassung, daß der Ratenkredit von
seiner Konstruktion her nicht mit dem Annuitätendarlehen verglichen
werden könne, weil Nettokredit und Kreditkosten betragsmäßig
vollständig voneinander getrennt seien. Dazu ist zunächst zu
sagen, daß dieses Argument mit der Zusammensetzung des Bruttokredits
aus dem Begriff des "Zuschlags" nicht zu begründen ist, weil es für
den "Zuschlag" auf die Struktur der Raten und nicht auf die Vorstufe, Ermittlung
des Bruttokredits, ankommt ( wird ausgeführt ).
5. Die Einrede der Verjährung verstößt
schon deshalb nicht gegen das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung
nach § 242 BGB, weil der Beklagter dargelegt und zur Überzeugung
des Senats auch bewiesen hat, daß er sich nach der Darlehensgewährung
nicht abgesetzt hat. Er hat sich bei seinem Umzug ordnungsgemäß
abgemeldet; die Klägerin hat bei ihren Aufenthaltsermittlungen nach
dem "falschen" J gesucht. .........
H Der Anspruch der
Bank auf Rückzahlung der Valutaraten verjährt bei einem sittenwidrigen,
wucherähnlichen Ratenkreditvertrag gemäß §197
BGB in 4 Jahren
OLG Stuttgart, 1991-07-23 - 6 U 10/91
a) Der nach der 360-Tage-Methode finanzmathematisch
exakt errechnete Zinsvergleich führt zu folgendem Ergebnis: ...........
(es folgen mathematische Angaben)
a) Grundsätzlich verjähren
Ansprüche aus § 812 BGB in dreißig Jahren (§ 195 BGB).
Diesen Grundsatz hat der BGH aber mehrfach durchbrochen. Nach der Rechtsprechung
des BGH wird die bereicherungsrechtliche Verjährung der vertraglichen
dann angeglichen, wenn bei der Rückabwicklung eines fehlgeschlagenen
Schuldverhältnisses ein Bereicherungsanspruch wirtschaftlich die Stelle
des vertraglichen Vergütungsanspruchs einnimmt (BGHZ 48, 125 (127)
= NJW 1968, 191 = LM § 196 BGB Nr. 16; BGHZ 57, 191 (196) = NJW 1972,
95 = LM § 195 BGB Nr. 13; BGHZ 73, 266 (269) = NJW 1979, 1161 = LM
§ 179 BGB Nr. 12; BGHZ 98, 174 (180) = NJW 1986, 2564 = LM §
197 BGB Nr. 17). Diese Grundsätze gelten auch hier. Die bereicherungsrechtliche
Verjährung des Anspruchs auf ratenweise Rückzahlung der Valuta
eines Ratenkredits aus § 812 BGB ist der vertraglichen Verjährung
anzugleichen. Andernfalls würde derjenige, dem aufgrund der Sittenwidrigkeit
nur der Bereicherungsanspruch zusteht, besser gestellt als derjenige, dem
ein wirksamer vertraglicher Anspruch zusteht. Aus eben diesem Grund kann
die Klägerin diese Wirkung nicht dadurch beseitigen, daß sie
nur die Valuta verlangt.
Es ist also zunächst die Frage
zu beantworten, ob der vertragliche Anspruch aus § 607 BGB auf Rückzahlung
der (Bruttokredit-) Raten auch hinsichtlich des Tilgungsanteils nach §
197 BGB verjährt. Ist das der Fall, dann gilt dies auch für den
Anspruch auf § 812 auf Rückzahlung der Valuta-Raten
Auf die Frage, ob der Kostenanteil
insgesamt unter den Begriff "Zinsen" i. S. des § 197 BGB fällt,
braucht hier nicht eingegangen werden, da es hier nur um die Verjährung
(auch) des Tilgungsanteils geht. Die Kosten bestehen mindestens überwiegend
aus Zinsen und wenn diese verjährt sind, ist auch der von § 197
BGB gemeinte Tilgungsanteil von der Verjährung mit eingeschlossen.
bb) Der Wortlaut des §
197 BGB schließt den in den Raten enthaltenen Tilgungsanteil in die
Verjährung zum Zwecke allmählicher Tilgung des Kapitals mit ein.
Der Tilgungsanteil ist auch ein Zuschlag zu den Zinsen, denn er wird periodisch
dem jeweiligen Zinsanteil der Rate hinzuaddiert; die Summe beider Teile
bildet eine einheitliche Kreditrate. Zuschlag sagt vom Wortlaut her (anders
als dies Schwachheim annimmt, vgl. NJW 1989, 2028; ders., NJW 1990, 1672)
nichts über die Relation oder gar eine Hierarchie (im Sinne einer
Dominanz der Zinsen) beider Bestandteile aus (ebenso: OLG Hamm, NJW 1990,
1672), sondern nur, daß sie zu addieren, eben zuzuschlagen sind.
cc) Um den vom Gesetz gemeinten Inhalt
des Begriffs Zuschlag zu verstehen, bedarf es aber zusätzlich der
historischen Auslegung. Diese führt zu dem Ergebnis, daß der
Gesetzgeber des BGB unter dem Zuschlag den Tilgungsanteil in aus Zins-
und, Tilgungsanteilen bestehenden Gesamtraten eines (Hypotheken-) Darlehens
verstanden hat. Das zeigen die Materialien zum BGB (vgl. Mugdan, Mat. z.
BGB, Bd. I (1899), S. 775 ff.). Ursprünglich waren im Entwurf
des § 157 BGB (heute: § 197 BGB) nur die "Rückstände
von Zinsen" aufgeführt worden. ....... ( es folgen rechtsgeschichtliche
Ausführungen des OLG zur Entstehungsgeschichte des § 197 BGB
)
Die Aufteilung in Zins/Kosten und
Tilgung kann man finanzmathematisch nach der 360-Tage-Methode gem. §
4 II 2 PAngVO vornehmen oder nach der international üblichen sog.
aktuarischen Methode, welche durch den in die Änderungsrichtlinie
(v. 22. 2. 1990 ABlEG Nr. L 61 v. 10. 3. 1990, S. 14) in die Verbraucherkreditrichtlinie
(v. 22. 12. 1986 ABlEG Nr. L 42 v. 12. 2. 1987, S. 48) eingefügten
Art. 1a V a EG-weit eingeführt werden soll und die die Raten ganz
exakt in Tilgungszahlungen und Kosten aufteilt. In beiden Fällen erfolgt
eine progressive Tilgung, wie die Anlage im einzelnen ausweist.
Aber auch der rechtlichen Betrachtung
wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt,
entsprechend dieser finanzmathematischen Gesetzmäßigkeit, eine
progressive Tilgung zugrunde gelegt. Das Urteil des BGH vom 5. 4. 1984
(NJW 1984, 2161), auf das Schwachheim (NJW 1989, 2026 (Fußn. 11))
glaubt, seine Annahme von der linearen Tilgung stützen zu können,
geht hinsichtlich der Entstehung der Zinsschuld von einer progressiven
Tilgung aus. Eben deshalb verlangt der BGH zu recht auch eine staffelmäßige
(d. h. umgekehrt progressive) Rückrechnung der Zinsen/Kosten bei vorzeitiger
Kreditrückzahlung, Gesamtfälligkeit oder Ablösung (NJW 1979,
540 (unter 4 a)). Das Urteil des BGH vom 5. 4. 1984 (NJW 1984, 2161) nimmt
deshalb konsequenterweise auch auf die frühere Entscheidung zur Durchführung
der Ablösung bezug.
Die hier vorgenommene Auslegung
wird schließlich auch durch den zweifachen speziellen Schutzzweck
des § 197 BGB (vgl. BGHZ 98, 174 (184) = NJW 1986, 2564 = LM §
197 BGB Nr. 17) begründet, nämlich einerseits der Gefahr des
"Aufsummens" zu begegnen und anderseits Schwierigkeiten der Sachverhaltsaufklärung
zu vermeiden. Dabei stellt der BGH (BGHZ 98, 174 (184) = NJW 1986, 2564
= LM § 197 BGB Nr. 17) zu recht nicht auf die soziologische Rollenverteilung
ab, sondern allein auf die Art der Leistung und die Struktur des Anspruchs.
Die Gefahr des "Aufsummens" ist beim Tilgungsanteil
nicht so groß wie beim Zinsanteil. Der zweite Schutzzweck hingegen,
Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung zu vermeiden, ist jedoch
auch beim Tilgungsanteil von hoher praktischer Relevanz. Der Kreditnehmer,
der notfalls die Erfüllung beweisen muß, wird in der Regel seine
Unterlagen (z. B. Überweisungsbelege und Einzahlungsquittungen) kaum
länger als vier Jahre aufbewahren. Aber auch der Kreditgeber wird
nach Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen die Kontoentwicklung
für die davor liegende Zeit kaum noch nachvollziehen können.
Die herrschende Meinung sieht deshalb
auch in dem Tilgungsanteil der Raten von Ratenkrediten einen "Zuschlag"
i. S. des § 197 BGB (OLG Hamm, NJW 1990, 1672; , Beining,
NJW 1990, 1464 (1465); Canaris, BankvertragsR, § 197 Rdnr. 4;
ders., ZIP 1986, 273 (279); Palandt-Heinrichs, BGB, 50. Aufl., § 197
Rdnr. 5; Seibert, Hdb. z. VerbrKrG, 1991, S. 70).
ff) Zum Verständnis des §
197 BGB kann auch die Regelung in § 11 III 3 VerbrKrG beitragen. Dort
ist bestimmt, daß § 197 BGB auf die Ansprüche auf Verzugszinsen
(§ 11 II VerbrKrG) wegen der in § 11 III VerbrKrG angeordneten
Anrechnung von Zahlungen nicht anzuwenden ist. Aus dem Umkehrschluß
folgt, daß der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes offenbar
davon ausging, daß auf den Tilgungsanteil in den Raten § 197
BGB anzuwenden ist. Das ergibt sich zwar nicht explizit aus den Gesetzesmaterialien;
ebenso sieht es aber auch Seibert (S. 70).
gg) Aufgrund dieses Ansatzes des Senats
- die Verjährung der bereicherungsrechtlichen Forderung muß
der vertragsrechtlichen folgen - kann offen bleiben, ob man aus den Urteilen
des BGH vom 10. 7. 1986 (BGHZ 98, 174 (182) = NJW 1986, 2564 = LM §
197 BGB Nr. 17) und 23. 10. 1991 (NJW 1991, 220) folgert, daß die
bereicherungsrechtliche Forderung auf ratenweise Rückzahlung der Valuta
unter das Merkmal der "regelmäßig wiederkehrenden Leistungen"
des § 197 BGB zu subsumieren ist. Das würde zum gleichen Ergebnis
führen. Entsprechendes gilt, wenn man mit Canaris (ZIP 1986, 273 (279))
der Meinung ist, daß § 197 BGB schon seinem Wortlaut nach auch
auf den bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch anwendbar ist.
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