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AK
Kunden dürfen nicht mit Rücklastschriftgebühren fremder Banken belastet werden
Belastungen mit Rückscheckgebühren fremder Banken können jedoch in AGBen
festgelegt werden.
BGH XI ZR 245/01 v. 2002-04-09 (OLG Frankfurt am Main; LG Frankfurt) =
Vergl auch BGH XI ZR 5/97 vom 1997-10-21
XI ZR 245/01
OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Verkündet am: 9. April 2002
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers und die Anschlußrevision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. Mai 2001 werden zurückgewiesen.Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 22 a AGBG, §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Bank verwendet im Girogeschäft gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen mit einem Hinweis auf ihr Preisverzeichnis. Dieses enthält u.a. folgende Klauseln: "Scheckrückgabe von anderen Banken: fremde Kosten ... Rücklastschrift von anderen Banken: fremde Kosten ...".
Gegen diese Klauseln wendet sich der Kläger mit der Unterlassungsklage. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen, soweit sie sich gegen die Klausel für Scheckrückgaben richtet, und im übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision und Anschlußrevision erstreben die Parteien die Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang bzw. die vollständige Klageabweisung.
Revision und Anschlußrevision sind unbegründet.
Die angegriffenen Klauseln seien preisregelnde Bestimmungen, die trotz § 8 AGBG der Inhaltskontrolle unterlägen. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen könne Entgelte nur für Leistungen verlangen, die er auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringe. Hingegen stelle die Abwälzung von Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für eigene Zwecke des Verwenders eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar. § 8 AGBG stehe der Prüfung, ob einer Preisklausel eine echte Gegenleistung zugrunde liege, nicht entgegen.
Die Klausel für Scheckrückgaben verstoße nicht gegen § 9 AGBG. Sie regele Fälle, in denen die Beklagte von einem Kunden mit dem Einzug eines Schecks beauftragt und von der bezogenen Bank, die den Scheck nicht einlöse, mit einem Entgelt belastet werde. Die Beklagte erbringe dem Kunden eine vertragliche Leistung und könne von ihm das der bezogenen Bank zu zahlende Entgelt als erforderliche Aufwendung gemäß § 670 BGB ersetzt verlangen.
Die Klausel für Rücklastschriften hingegen verstoße gegen § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AGBG. Sie regele Fälle, in denen die Beklagte eigene Forderungen gegen Kunden per Lastschrift von Girokonten der Kunden bei anderen Kreditinstituten einziehe. Wenn ein anderes Kreditinstitut eine Lastschrift zurückgebe und der Beklagten hierfür ein Entgelt in Rechnung stelle, komme zwar grundsätzlich ein Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten gegen ihren Kunden gemäß § 670 BGB in Betracht. Ein solcher Anspruch bestehe aber nicht, wenn die Beklagte sich des Lastschriftverfahrens bediene, obwohl der Kunde ihr keine Einzugsermächtigung erteilt habe oder berechtigte Einwendungen aus dem Valutaverhältnis erhebe. Da die Klausel nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung auch diese Fälle, in denen kein Aufwendungsersatzanspruch bestehe, erfasse, sei sie gemäß § 9 AGBG unwirksam.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung, der weiterhin das AGBG zugrunde zu legen ist (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB, § 16 Abs. 1 UKlaG), im Ergebnis stand.
1. Revision des Klägers
Die Klausel für Scheckrückgaben, deren Unwirksamkeit der Kläger mit der Revision weiterverfolgt, ist entgegen der Ansicht der Revision gemäß § 8 AGBG der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Sie ist, anders als das Berufungsgericht meint, keine preisregelnde Bestimmung oder auch nur eine kontrollfähige Preisnebenabrede (vgl. hierzu BGHZ 91, 316, 318; Senat BGHZ 137, 43, 46; 141, 380, 383, m.w.Nachw.), sondern beinhaltet einen Aufwendungsersatzanspruch (vgl. zur Unterscheidung zwischen Preis- und Aufwendungsersatzklauseln: Senat BGHZ 146, 377, 383), der der Beklagten gemäß §§ 670, 675 Abs. 1 BGB ohnehin zusteht. Als deklaratorische Regelung, die lediglich den Inhalt einer gesetzlichen Vorschrift wiederholt, unterliegt sie nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 9-11 AGBG.
a) Deklaratorische Klauseln, die in jeder Hinsicht mit den Rechtsvorschriften übereinstimmen und keine konstitutive Wirkung haben, sind nicht kontrollfähig. Eine Inhaltskontrolle liefe leer, weil an die Stelle der unwirksamen Klausel gemäß § 6 AGBG doch wieder die inhaltsgleiche gesetzliche Bestimmung träte (BGHZ 91, 55, 57; 147, 354, 358).
b) So liegt es hier. Gegenstand der streitigen Klausel ist der Anspruch der Beklagten gegen ihre Girokunden auf Ersatz des Entgelts, das sie als Inkassobank der bezogenen Bank bei Rückgabe eines Schecks gemäß Abschnitt V Nr. 5 Abs. 2 des Abkommens über den Einzug von Schecks (Scheckabkommen) in der am 7. September 1998 in Kraft getretenen Fassung vom 5. November 1997 zu zahlen hat. Dieser Anspruch besteht unabhängig von der angegriffenen Klausel gemäß §§ 670, 675 Abs. 1 BGB. Die Einreichung eines Schecks zum Inkasso ist in aller Regel eine einseitige Weisung im Sinne des § 665 Satz 1 BGB im Rahmen eines bestehenden Girovertrages (BGHZ 118, 171, 176). Besteht noch kein Giroverhältnis, wird mit der Scheckeinreichung ein selbständiger Inkassovertrag geschlossen. Da sowohl Giro- als auch Inkassovertrag Geschäftsbesorgungsverträge sind (Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl. § 61 Rdn. 3), besteht in beiden Fällen ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675 Abs. 1 BGB.
c) Das Entgelt gemäß Abschnitt V Nr. 5 Abs. 2 des Scheckabkommens ist im Verhältnis zwischen der Inkassobank und dem Scheckeinreicher eine Aufwendung im Sinne des § 670 BGB, die die Inkassobank den Umständen nach für erforderlich halten darf (Nobbe, aaO § 61 Rdn. 24; Hülsken, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 6/918; vgl. auch Senat, Beschluß vom 14. März 1995 - XI ZR 188/94, WM 1995, 835 zu Aufwendungen bei der Übernahme einer Garantie einer Inkassobank gegenüber einer in den USA beauftragten Zwischenbank). Die Aufwendung beruht auf dem zwischen den Spitzenverbänden der deutschen Kreditwirtschaft abgeschlossenen Scheckabkommen und läßt sich von der Inkassobank nicht vermeiden. Daß das Scheckabkommen gemäß Abschnitt VII Nr. 1 Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Kreditinstituten, nicht aber gegenüber Kunden dieser Kreditinstitute begründet und die bezogene Bank bei der Rückgabe eines Schecks keine Dienstleistung für den Scheckeinreicher erbringt, ist entgegen der Ansicht der Revision ohne Belang. Der Scheckeinreicher schuldet der Inkassobank die Scheckrückgabegebühr nicht als Entgelt für eine ihm erbrachte Dienstleistung, sondern als Aufwendungsersatz nach § 670 BGB.
d) Ebenso wie die angegriffene Klausel macht § 670 BGB den Aufwendungsersatzanspruch nicht davon abhängig, daß der Scheckeinreicher die Rückgabe des Schecks und damit die Entstehung der Aufwendung zu vertreten hat. Die Ansicht der Revision, die angegriffene Klausel differenziere nicht ausreichend zwischen den verschiedenen Gründen für die Rückgabe von Schecks, geht deshalb von vornherein fehl.
e) Daß die Klausel neben dem Entgelt gemäß Abschnitt V Nr. 5 Abs. 2 des Scheckabkommens weitere "fremde Kosten" erfaßt, die keine Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Revision der Beklagten
Die Klausel über die Erstattung fremder Kosten für Rücklastschriften, deren Wirksamkeit die Beklagte mit der Anschlußrevision weiterverfolgt, verstößt gegen § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AGBG.
a) Sie unterliegt gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle, weil sie von Rechtsvorschriften abweicht. Nach dem übereinstimmenden Parteivortrag, von dem auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, betrifft die Klausel ausschließlich Fälle, in denen die Beklagte eigene Forderungen gegen Kunden per Lastschrift von Girokonten der Kunden bei anderen Kreditinstituten einzieht. Wenn ein solches Kreditinstitut als Zahlstelle eine Lastschrift zurückgibt und dafür von der Beklagten gemäß Abschnitt II Nr. 4 des Abkommens über den Lastschriftverkehr (Lastschriftabkommen) in der am 12. Dezember 1995 in Kraft getretenen Fassung vom selben Tag ein Entgelt verlangt, hat die Beklagte aufgrund der angegriffenen Klausel einen Anspruch gegen ihren Kunden auf Ersatz dieses Entgelts. Ein solcher Anspruch steht ihr aufgrund von Rechtsvorschriften im Sinne des § 8 AGBG nicht in gleichem Umfang zu.
aa) § 670 BGB kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Die zwischen der Beklagten und ihren Kunden getroffene Abrede über den Lastschrifteinzug ist weder eine Weisung gemäß § 665 Satz 1 BGB im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages im Sinne des § 675 Abs. 1 BGB noch ein Auftrag im Sinne des § 662 BGB (Reiser/Krepold, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 6/349). Die Beklagte als Lastschriftgläubigerin nimmt den Einzug vorwiegend im eigenen Interesse vor. Sie befolgt damit keine Weisung im Sinne des § 665 Satz 1 BGB und erfüllt auch keine Schuldnerpflicht im Sinne des § 662 BGB (Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 628).
bb) Auch wegen positiver Vertragsverletzung steht der Beklagten der in der angegriffenen Klausel geregelte Ersatzanspruch nicht in gleichem Umfang zu.
(1) Rechtsvorschriften im Sinne des § 8 AGBG sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts sowie die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (BGHZ 121, 13, 18). Zu ihnen zählen auch die Grundsätze über die positive Vertragsverletzung.
(2) Die streitige Klausel räumt der Beklagten einen Ersatzanspruch nicht nur für den Fall ein, daß die Rückgabe einer Lastschrift auf einer schuldhaften positiven Vertragsverletzung des Kunden beruht, sondern auch in Fällen, in denen der Kunde die Rückgabe nicht zu vertreten hat.
Ein Anspruch wegen positiver Vertragsverletzung besteht, wenn der Kunde, der aufgrund der Lastschriftabrede, einer unselbständigen Nebenabrede zum Kausalgeschäft (van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl. § 58 Rdn. 149; Reiser/Krepold aaO Rdn. 6/349), gegenüber der Beklagten als Gläubigerin verpflichtet ist, auf seinem Konto die zur Einlösung der Lastschrift erforderliche Deckung vorzuhalten (BGH, Urteil vom 30. Januar 1985 - IVa ZR 91/83, WM 1985, 461, 462; van Gelder aaO Rdn. 157; Reiser/Krepold aaO Rdn. 6/350), diese Pflicht schuldhaft verletzt und dadurch die Rückgabe der Lastschrift verursacht.
Hingegen liegt keine positive Vertragsverletzung vor, wenn der Kunde der Belastung seines Kontos zu Recht widerspricht, weil er keine Einzugsermächtigung erteilt hat oder berechtigte Einwendungen aus dem Kausalgeschäft mit der Beklagten erhebt. Auch diese Fälle eines rechtswidrigen Zugriffs auf das Konto des Kunden bei einem anderen Kreditinstitut werden, anders als die Anschlußrevision meint, von der angegriffenen Klausel erfaßt. Dies ergibt die im Verbandsprozeß gebotene sogenannte kundenfeindlichste Auslegung der Klausel (§ 5 AGBG; vgl. BGHZ 139, 190, 199 m.w.Nachw.). Die Anwendung der Klausel auf Rücklastschriften, die der Kunde nicht zu vertreten hat, ist nicht nur eine theoretisch denkbare, praktisch aber fernliegende Möglichkeit (vgl. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 9. Aufl. § 5 Rdn. 26), sondern liegt bei objektiver, an Wortlaut und Regelungszusammenhang der Klausel sowie den Verständnismöglichkeiten der typischerweise angesprochenen Kunden orientierter Auslegung (BGHZ 139, 190, 199) durchaus nahe. Der Wortlaut der Klausel beschränkt ihre Geltung nicht auf Rücklastschriften, die der Kunde zu vertreten hat, obwohl dies sprachlich durch die Einfügung weniger Wörter leicht möglich wäre. Zudem folgt die Klausel für Rücklastschriften im Preisverzeichnis der Beklagten unmittelbar auf die Klausel für Scheckrückgaben, mit der sie auch in der Formulierung weitgehend übereinstimmt. Die Klausel für Scheckrückgaben gilt aber - wie dargelegt - unabhängig davon, ob der Scheckeinreicher die Rückgabe zu vertreten hat. Daß dies bei Rücklastschriften anders sein soll, ist der angegriffenen Klausel nicht zu entnehmen.
b) Der somit eröffneten Inhaltskontrolle gemäß §§ 9-11 AGBG hält die Klausel nicht stand. Die Inanspruchnahme des Kunden auf Ersatz des Entgelts, das die Beklagte anderen Kreditinstituten für Rücklastschriften, die der Kunde nicht zu vertreten hat, zu zahlen hat, ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) und benachteiligt den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG).
aa) Es ist ein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, daß eine Verpflichtung zum Schadensersatz regelmäßig außer einer objektiven Pflichtwidrigkeit auch ein schuldhaftes Verhalten voraussetzt (Senat BGHZ 114, 238, 240; 115, 38, 42; BGHZ 119, 152, 168). Eine verschuldensunabhängige Haftung kann nur ausnahmsweise wirksam vereinbart werden, wenn sie durch höhere Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt oder durch Gewährung rechtlicher Vorteile ausgeglichen wird (Senat BGHZ 135, 116, 121 m.w.Nachw.).
Mit diesem Grundgedanken ist die angegriffene Klausel nicht vereinbar, weil sie - wie dargelegt - eine Schadensersatzpflicht des Kunden auch dann begründet, wenn er die Rücklastschrift nicht zu vertreten hat. Eine Rechtfertigung durch höhere Interessen der Beklagten oder ein Ausgleich durch Gewährung rechtlicher Vorteile sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten nicht geltend gemacht. Diese beruft sich nur erfolglos darauf, die Klausel gelte nicht für Rücklastschriften, die ihre Kunden nicht zu vertreten haben.
bb) Eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten ist damit indiziert. Gründe, die die Klausel gleichwohl nicht als unangemessen erscheinen lassen, werden von der Beklagten nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Revision und Anschlußrevision waren demnach als unbegründet zurückzuweisen.