2019-02-22
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Ausgewählte Urteile im Volltext oder in Auszügen
AC Klauseln können auch dann, wenn sie
behördlich genehmigt worden sind, vom
Gericht kartellrechtlich überprüft werden. Für den Wechsel des Energielieferanten darf
der Verbraucher nicht mit Gebühren bestraft werden.
OLG Naumburg, 1 U (Kart) 1/01 vom 2001-06-25 (LG Magdeburg, 7 O 49/00)
Tatbestand:
Der Kläger - ein Wettbewerbsverein - begehrt von der Beklagten (MEAG) einem Stromversorgungsunternehmen - im Wesentlichen die Unterlassung der Belastung ihrer Kunden mit einer „Wechselgebühr“, durch welche diesen im Falle des Wechsels zu einem anderen Stromlieferanten Kosten entstehen.
Der Kläger, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen seiner unmittelbar und mittelbar verbundenen Mitglieder durch Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und sonstiger rechtswidriger Verhaltensweisen zu fördern, wurde vor 114 Jahren gegründet und zählt neben Einzelfirmen überregionale Organisationen, Einzelhandelsverbände und auch den Hauptverband des Deutschen Einzelhandels e. V. mit Sitz in Köln zu seinen Mitgliedern.
Die Beklagte betreibt in Halle ein Stromnetz, an welches jeder Haushalt angeschlossen ist. Überdies vertreibt sie Strom. Während vor der Liberalisierung des Energiewirtschaftsrechts durch das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24.04.1998 (Bundes-gesetzblatt 1998 I, S. 730) jeder Tarifkunde im Raum Halle nur mit der Beklagten einen Stromlieferungsvertrag abschließen konnte, kann er sich nunmehr seinen Stromlieferanten aussuchen; so wird Strom - unabhängig von dem Netzbetreiber - auch über den Einzelhandel vertrieben, etwa über die bundesweit tätigen Unternehmen „Quelle“, „Otto-Versand“ oder „Promarkt“, welche teilweise direkt, teilweise als Mitglieder des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels Mitglied des Klägers sind.
Aufgrund der §§ 5 ff. EnWG müssen die jeweiligen Eigentümer der Stromnetze (Netzbetreiber) diese Dritten gegen Bezahlung zur Verfügung stellen. Die Art und Weise der (Fremd-)Nutzung der Netze ist dabei in einer Vereinbarung zwischen der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDE), der Deutschen Verbundgesellschaft (DVG), dem Verband Kommunaler Unternehmer (VKU), der Arbeitsgemeinschaft Regionaler Energieversorgungsunternehmen (ARE), dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) sowie dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vom 13.12.1999 (im Folgenden: "Verbändevereinbarung") geregelt. Demnach erfolgt die Netznutzung aufgrund eines Vertrages zwischen dem Stromkunden und dem Netzbetreiber; parallel hierzu schließt der Kunde einen Stromlieferungsvertrag mit dem Lieferanten. Abweichungen zwischen Einspeisung und Entnahme sind technisch und vertraglich so vorgesehen, dass Bilanzkreise gebildet werden, zwischen denen ein sogenannter Bilanzausgleich vorgenommen wird. Die Kosten der laufenden Netznutzung einschließlich der Systemdienstleistungen nach einem Lieferantenwechsel werden im Wesentlichen durch die Nutzungsentgelte abgegolten (Ziffer 2.1.3. der Verbändevereinbarung, Anlage B 8, GA Bd. I, Bl. 97 ff.). Die den Netzbetreibern entstehenden Kosten durch Bildung, Abwicklung und Abrechnung der Bilanzkreise können gemäß Ziffer 3.4. der Verbändevereinbarung den Verursachern in Rechnung gestellt werden.
Die allgemeinen Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden sind in einer Rechtsverordnung geregelt, welche aufgrund der Ermächtigung des § 7 Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erlassen wurde (AVBEltV). Gemäß § 32 Abs. 1 AVBEltV ist eine ordentliche Kündigung eines Stromlieferungsvertrages mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats möglich, jedoch erstmals zum Ablauf eines Jahres. Von der Möglichkeit, den Stromlieferungsvertrag ordentlich zu kündigen, machen pro Monat ca. 1.000 Kunden der Beklagten Gebrauch.
Die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit Elektrizität sind in der Bundestarifordnung Elektrizität auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 EnWG durch Rechtsverordnung vom 18. Dezember 1989 (Bundesgesetzblatt I, S. 2255 ff) geregelt (BTOElt). Gemäß § 12 BTOElt bedürfen Tarife und ihre einzelnen Bestandteile behördlicher Genehmigung. Gleiches gilt gemäß § 13 Abs. 2 BTOElT für Regelungen über Entgelte zur Erstattung sonstiger mit den Tarifen nicht abgegoltener Kosten.
In den "Ergänzenden Bedingungen der MEAG" ist folgende Klausel enthalten, welche mit Bescheid vom 13.03.2000 (Anlage B 2, GA Bd. I, Bl. 90) durch das Ministerium für Wirtschaft und Technologie des Landes Sachsen-Anhalt gem. § 13 BTOElT genehmigt wurde:
"Einstellung der Versorgung gemäß § 33 AVBEltV sowie Lieferantenwechsel
Die Kosten der Einstellung und Wiederaufnahme der Versorgung sowie ein Lieferantenwechsel sind vom Kunden nach dem tatsächlichen Aufwand, mindestens jedoch mit einer Pauschale von DM 44,00 zu bezahlen. Erfolgt nach einer Einstellung keine Wiederaufnahme der Versorgung, wird dem Kunden mindestens die Hälfte der vorgenannten Pauschale berechnet."
Der Kläger hatte von der Beklagten die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung hinsichtlich dieser "Wechselgebühr" gefordert (Schreiben vom 15.08.2000, Anlage 8 zur Klageschrift, GA Bd. I, Bl. 44), deren Abgabe die Beklagte verweigerte.
Der Kläger hat vor der Kartellkammer des Landgerichts geltend gemacht, in der Erhebung der Wechselgebühr liege sowohl eine unangemessene Benachteiligung der Tarifkunden als auch eine rechtswidrige Behinderung von Mitbewerbern. Er hat - unbestritten - dargetan, dass durch die Liberalisierung des Strommarktes eine erhebliche Senkung der Stromkosten erreicht wurde und behauptet, dies werde verhindert, wenn von den Kunden die "Wechselgebühr" verlangt werde oder diese durch konkurrierende Stromanbieter erstattet werde. Der Kläger legt - im Einzelnen unbestritten - dar, dass das Angebot der konkurrierenden Stromanbieter um teilweise mehr als 7 % günstiger sein müsse, damit sich die Wechselgebühr armotisiere (im Einzelnen vgl. Anlage 7 zur Klageschrift, GA Bd. I, Bl. 43).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die verwendete Klausel verstoße gegen § 9 AGBG und sei im Übrigen mit den § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 GWB sowie § 20 GWB unvereinbar; überdies verstoße die Verwendung der Bestimmung gegen die guten Sitten im Wettbewerb i. S. des § 1 UWG.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Vorstand der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen, folgende oder inhaltsgleiche Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Stromlieferverträgen mit Tarifkunden zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse mit Tarifkunden auf folgende Bestimmung zu berufen:
"Einstellung der Versorgung gemäß § 33 AVBEltV sowie Lieferantenwechsel
Die Kosten der Einstellung und Wiederaufnahme der Versorgung sowie ein Lieferantenwechsel sind vom Kunden nach dem tatsächlichen Aufwand, mindestens jedoch mit einer Pauschale von 44,00 DM, zu bezahlen. Erfolgt nach einer Einstellung keine Wiederaufnahme der Versorgung, wird dem Kunden mindestens die Hälfte der vorgenannten Pauschale berechnet.",
2. dem Kläger zu gestatten, die Urteilsformel mit der Bezeichnung und auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen,
3. der Beklagten es weiter zu untersagen, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis 500.000,00 DM ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Vorstand der Beklagten zu vollstrecken ist, über das Verbot gemäß Ziffer 1 hinaus von Tarifkunden, die mit der Beklagten einen Stromlieferungsvertrag abschließen wollen oder einen Stromlieferungsvertrag abgeschlossen haben, für den Fall, dass diese den Stromlieferungsvertrag beenden und den Stromlieferanten wechseln möchten, eine "Wechselgebühr" oder ein sonstiges Entgelt wegen des Wechsels des Stromlieferanten zu verlangen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 250,56 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, ihr Verhalten sei nicht unbillig, zumal die ihr im Falle eines Lieferantenwechsels entstehenden Kosten - insoweit unstreitig - höher sind, als der abverlangte Betrag von 44,00 DM. Der Grundsatz der Kostenorientierung gebiete, dass konkrete Wechselkosten den Verursachern, d. h. den wechselnden Kunden selbst in Rechnung gestellt würden; eine "Sozialisierung" dieser Kosten sei ihr unzumutbar und führe - gegenüber anderen Stromanbietern - zu einem Wettbewerbsnachteil.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass bei einem Lieferantenwechsel der örtliche Netzbetreiber für die Erfassung, Verarbeitung und Weitergabe der Daten im Rahmen der Stromlieferung und Netznutzung zuständig ist, ihm mithin ein Aufwand entstehe, der über die Erstellung einer Endabrechnung deutlich hinausgehe. Die zu veranlassende Endablesung ermögliche nicht nur die Erstellung einer Endabrechnung, sondern sei gleichzeitig Grundlage für die Abrechnung durch den Drittlieferanten. Darüber hinaus erbringe die Beklagte weitere Dienstleistungen, die im Falle einer bloßen Vertragskündigung ohne gleichzeitigen Lieferantenwechsel nicht anfallen würden, insbesondere die Weitergabe der Kundendaten an den Drittlieferanten sowie die aufwendige Zuordnung des Tarifkunden zu einem anderen Bilanzkreis. Dieser Mehraufwand werde durch die Wechselgebühr abgegolten.
In der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2000 hat das Landgericht den Parteien Gelegenheit gegeben, zu den dort vorgenommenen Erörterungen bis zum 01.12.2000 ergänzend schriftsätzlich vorzutragen.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Nutzung der streitgegenständlichen besonderen Vertragsbedingung verurteilt, soweit sie den Fall des Lieferantenwechsels erfasst. Ihr wurde desweiteren untersagt, über dieses Verbot hinaus von Tarifkunden, die mit der Beklagten einen Stromlieferungsvertrag abschließen wollen oder abgeschlossen haben, für den Fall des Lieferantenwechsels eine "Wechselgebühr" oder ein sonstiges Entgelt zu verlangen. Überdies wurde dem Kläger ein Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 250,00 DM sowie die Befugnis zuerkannt, die Urteilsformel mit der Bezeichnung und auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger und im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
Das Landgericht hat ausgeführt, dass sich die Berechtigung des Klägers zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche aus §§ 33 Satz 2 GWB, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG und 22 Abs. 3 Nr. 2 AGBG ergebe.
Die von der Beklagten verwendete Klausel verstoße gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Es handele sich nicht um eine reine Preisregelung, da damit die Kosten der Schlussrechnung erfasst seien, welche nicht auf den einzelnen Kunden abgewälzt werden dürften, sondern als übliche, nach dem gewöhnlichen Verlauf des Vertragsverhältnisses zu erwartende Kosten Teil des Pflichttarifs zu sein hätten. Dem stehe nicht entgegen, dass aufgrund der anderweitigen Zuordnung zu Bilanzkreisen weitere Aufwendungen, die über die Erstellung der Schlussrechnung hinausgingen, entstanden seien. Derartige Aufwendungen seien nicht Teil des bestehenden Vertragsverhältnisses, sondern Kosten, die im Vorgriff auf ein künftiges (Netzbenutzungs-) Verhältnis anfielen.
Der Verstoß gegen § 9 AGBG habe hier ausnahmsweise nicht die vollständige Unwirksamkeit der Klausel zur Folge, da der zu beanstandende Teil infolge der Bezeichnung "durch Lieferantenwechsel" sprachlich isoliert herausgetrennt und gesondert beurteilt werden könne.
Das Landgericht geht davon aus, dass das Verlangen der Beklagten missbräuchlich i. S. von § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 GWB sei und gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB verstoße. Die - für Leitungswege marktbeherrschende - Beklagte beeinträchtige die Marktmöglichkeiten ihrer Wettbewerber. Dies sei erheblich, da langfristige Bindungen der Kunden, durch welche sich eine einmalige Wechselgebühr amortisiere auf dem Stromlieferungsmarkt nicht mehr erreicht werden könnten. Ein sachlich gerechtfertigter Grund zur Differenzierung bestehe nicht, da nach der Verbändevereinbarung davon auszugehen sei, dass die anfallenden Kosten weder dem einzelnen wechselnden Kunden auferlegt werden, noch als Teil des Verrechnungspreises den diese Kosten nicht verursachenden verbleibenden Kunden zur Last gelegt werden können. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollten die Ziele einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen Elektrizitätsversorgung dadurch erreicht werden, dass jeder Kunde die für seine Stromversorgung aufzuwendenden Kosten in vollem Umfange mit seinem Strompreis bezahlt. Diesen Intensionen würde es eher gerecht, die Vergleichbarkeit der Preise zwischen den Wettbewerbern dadurch herzustellen, dass die mit dem Wechsel verbundenen zusätzlichen Kosten in die Netznutzungskosten eingestellt würden.
Die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils ergebe sich aus § 18 AGBG, der Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 683, 670 BGB.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 29. Dezember 2000 zugestellte Urteil (GA Bd. II, Bl. 35) mit Schriftsatz vom 26. Januar 2001, eingegangen am 29. Januar 2001, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 6. Februar 2001 begründet.
Die Beklagte ist der Auffassung, das landgerichtliche Urteil sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, da durch die Gewährung eines beiderseitigen Schriftsatznachlasses gegen den Mündlichkeitsgrundsatz verstoßen worden sei. Der Urteilsausspruch in Ziffer 3 sei entgegen der zwingenden Bestimmung in § 313 Abs. 1 Nr. 6 ZPO überdies nicht mit Entscheidungsgründen versehen. Das Landgericht habe zudem gegen den Beibringungsgrundsatz verstoßen, indem es ausgeführt habe, dass auch für Kunden, die von vorneherein lediglich die Netzleistung der Beklagten in Anspruch nehmen, ein nicht unerheblicher Anteil der von der Beklagten dargelegten zusätzlichen Einrichtungskosten entstünden.
Die Wechselgebühr sei - entgegen der Annahme der Kammer - durchaus noch dem ursprünglichen Lieferverhältnis zuzurechnen, da anerkannt sei, dass vertragliche Nebenpflichten auch nach Beendigung des Vertrages fortwirken können.
Die gebotene verursachungsgerechte Kostenverteilung könne nur dadurch erreicht werden, dass die anfallenden Mehraufwendungen demjenigen in Rechnung gestellt würden, welcher tatsächlich Verursacher sei. Durch die Wechselgebühr werde auch keine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Es sei insoweit unerheblich, ob die entstehenden Kosten als Vertriebskosten oder allgemeine Vertragskosten bezeichnet würden; die Klägerin sei nicht verpflichtet, diese zu "sozialisieren", d. h. auch den nicht wechselnden Kunden anteilig mit Aufwendungen zu belasten, die durch wechselnde Kunden verursacht würden.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 22.12.2000, Az.: 7 O 49/00, teilweise abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen;
2. der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinen Vortrag.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie wurde insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
1 . Das angefochtene Urteil des Landgerichts Magdeburg ist nicht aufgrund eines Verfahrensfehlers aufzuheben. Die Verfahrensrügen
der Beklagten sind teilweise unbegründet; überdies ist der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz in der Sache entscheidungsreif, so dass der Senat auch insoweit, als eine
verfahrensfehlerhafte Behandlung in Betracht käme, gehalten ist, eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 540 ZPO).
1.1. Die Beklagte rügt zu Unrecht, das angefochtene Urteil enthalte bezüglich Ziff. 3. des Urteilstenors keine Begründung und verstoße daher gegen
§ 313 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Soweit der Beklagten untersagt wurde, bei Meidung von Ordnungsmitteln eine "Wechselgebühr" oder ein sonstiges Entgelt wegen des Wechsels des
Stromlieferanten zu verlangen, findet sich die Begründung in Ziff. IV und V des angefochtenen Urteils. Ziffer IV bezieht sich ausdrücklich auf das Verlangen der Beklagten nach
einer "Wechselgebühr" als solcher, welche durch die konkrete Klausel nur "zum Ausdruck kommt". Dementsprechend wird unter Ziff. IV 3. ausdrücklich die Wettbewerbswidrigkeit
derartiger Praktiken als solche begründet. Entsprechendes gilt hinsichtlich Ziff. V 2. (vgl. zu Vorgenanntem S. 11, 14 des Landgerichtsurteils, GA Bd. II, Bl. 12, 15).
1.2. Das Landgericht hat auch nicht gegen den Beibringungsgrundsatz verstoßen, indem es seine Entscheidung u. a. damit begründete, dass auch für die
Kunden, die lediglich die Netzleistung der Beklagten in Anspruch nehmen, ein nicht unerheblicher Anteil der von der Beklagten dargelegten zusätzlichen Einrichtungskosten
entstehen. Die Beklagte selbst hat in ihrem Schriftsatz vom 30.11.2000 vereinzelt dargetan, welche Leistungen der Netzbetreiber gegenüber einem wechselnden Kunden bzw. dessen
Lieferanten erbringen muss (vgl. GA Bd. I, Bl. 164 ff., insbesondere S. 168 ff.). Sie hat überdies eine "Prozessbeschreibung zum Lieferantenwechsel durch Kleinkunden" vorgelegt
(Anlage B 10, GA Bd. I, Bl. 181 ff.) und damit zum Gegenstand ihres Vortrages gemacht, in welcher die notwendigen Handlungsschritte des Netzbetreibers im Einzelnen dargetan sind.
Da es sich hierbei um allgemeine Ausführungen handelt, konnte das Landgericht hieraus unzweifelhaft den Schluss ziehen, dass ein nicht unerheblicher Anteil der von der Beklagten
dargelegten zusätzlichen Einrichtungskosten auch bei solchen Kunden anfällt, die von vornherein lediglich die Netzleistung der Beklagten in Anspruch nehmen.
Überdies kann sich die Beklagte auf den entsprechenden formalen Einwand auch deshalb nicht zurückziehen, weil sie den Ausführungen des
Landgerichts in der Sache auch in der Berufungsinstanz nicht entgegengetreten ist, obwohl der Kläger sich die entsprechenden Ausführungen spätestens mit der Berufungserwiderung,
dort unter Ziff. 2 c zu Eigen gemacht hat (vgl. GA Bd. II, Bl. 114, 115 d. A.). Mithin sind die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts jedenfalls in der Berufungsinstanz
unstreitig.
1.3. Inwieweit das Landgericht durch die Gewährung eines beiderseitigen Schriftsatznachlasses gegen den Mündlichkeitsgrundsatz des § 128 Abs. 1 ZPO
verstoßen hat, mag dahinstehen; obschon es zweifelhaft ist, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Schriftsatznachlasses nach § 283 ZPO vorlagen, da sich die Parteien
ausweislich des Terminsprotokolls weder mit einem entsprechenden Verfahren einverstanden erklärt, noch diesbezügliche Anträge gestellt haben (vgl. das Sitzungsprotokoll vom
10. November 2000), ist dies unerheblich. Die Beklagte hatte jedenfalls in der Berufungsinstanz Gelegenheit, zu den nachgereichten Schriftsätzen mündlich zu verhandeln, ohne dass
dies zu einem ihr günstigeren Ergebnis geführt hätte.
2. Das angefochtene Urteil ist auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
2.1. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 33 GWB i.V.m. § 19 Abs. 1, 4 Nr. 4 GWB sowie i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB einen Anspruch auf Unterlassung
der Erhebung einer Wechselgebühr entsprechend dem Ausspruch in Ziffer 3 des Tenors der angefochtenen Entscheidung und damit insbesondere - soweit das Landgericht hierauf
erkannt hat (Ziffer 1 des Urteilstenors) - einen Anspruch auf Unterlassung der Benutzung der streitgegenständlichen Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
2.1.1. Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist einer kartellrechtlichen Überprüfung nicht entzogen. Dem steht nicht entgegen, dass die beanstandete
Klausel durch Bescheid vom 13.03.2000 (Anlage B 2, GA Bd. I, Bl. 90) des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie des Landes Sachsen-Anhalt genehmigt wurde. Dass das
Ministerium insoweit - entgegen der missverständlichen Darstellung der Beklagten in erster Instanz - nicht als Landeskartellbehörde gehandelt hat, ergibt sich aus dem Inhalt des
von der Beklagten vorgelegten Bescheids. Die hier erfolgte Genehmigung nach § 13 Abs. 2 BTOElt schließt eine kartellrechtlichen Überprüfung gerade nicht aus, da die Überwachung
der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes durch die zuständigen Landesbehörden neben eine Kontrolle nach dem GWB tritt (Möschel WuW 1999, 5, 13f), wie sich im übrigen
auch aus § 6 Abs. 1 S. 4 EuWG, welcher auf die §§ 19 Abs. 4, 20 Abs. 1 GWB Bezug nimmt, ergibt (vgl. Britz in Ludwig/Odenthal, Recht der Elektrizitäts,- Gas- und Wasserversorgung,
Loseblattsammlung Stand Mai 2000, § 6 EnWG Rn. 91 ff). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine Prüfung der Angemessenheit der Kundentarife eine gänzlich andere Zielrichtung
hat, als die Prüfung der wettbewerblichen Auswirkungen von Tarifen. Dies wird gerade an dem hier zu entscheidenden Fall deutlich. Der Kläger argumentiert eben nicht damit, dass
das Entgelt angesichts der von der Beklagten dargelegten Aufwendungen als solches überhöht sei, sondern im Hinblick auf die Auswirkungen dieses Wechselentgeltes auf den
Wettbewerb.
2.1.2. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Föderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 33 GWB und als solcher befugt, Ansprüche aus
dieser Vorschrift geltend zu machen. Zur Aktivlegitimatition des Klägers, welche von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, ist es nicht erforderlich, ob die Interessen einzelner
Mitglieder berührt sind (Bechthold, GWB, 3. Aufl., § 33 Rn. 10 unter Hinweis auf BGH WuW/E 2977 ff. 2978f; v. Gamm, WRP 1987, 290 ff, 291), was hier im übrigen der Fall ist. Nach
dem unbestrittenen Vortrag des Klägers sind auch Unternehmen, die ihm unmittelbar oder vermittelt durch den Hauptverband des Deutschen Einzelhandels e. V. als Mitglied
angehören, auf dem Strommarkt tätig und daher von dem beanstandeten Verhalten der Beklagten betroffen.
2.1.3. Sowohl bei § 19 GWB als auch bei § 20 GWB handelt es sich um Vorschriften, die den Schutz eines anderen i.S.d. § 33 GWB bezwecken.
§ 19 Abs. 1, 4 GWB schützt denjenigen, der durch den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung geschädigt wird; § 20 GWB ist Schutzgesetz zugunsten der Unternehmen,
die behindert oder diskriminiert werden (Bechthold a.a.OO., § 33 Rn. 4).
2.1.4. Die Beklagte ist Normadressatin der §§ 19 und 20 GWB. Sie ist zum einen Stromlieferantin und als solche der Konkurrenz anderer Stromlieferanten
ausgesetzt. Andererseits ist sie aber auch Netzbetreiberin und als solche marktbeherrschend i. S. d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, weil sie in ihrem Netzgebiet über ein natürliches Monopol
verfügt.
Der sachlich relevante Markt ist dabei die Bereitstellung von Netzdurchleistungsdienstleistungen durch den Netzbetreiber (vgl. den Bericht der „Arbeitsgruppe
Netznutzung Strom der Kartellbehörden des Bundes und der Länder“ vom 19. April 2001, vorgelegt als Anlage K 11 zum Schriftsatz vom 10. 05. 2001, im Folgenden zitiert als
„Arbeitsgruppe“, Seite 8 unter Hinweis auf BKartA WuW/ DE-V 149 „Berliner Stromdurchleitung“; Lutz, RdE 1999, 192, 106; Schultz in Langen/Bunte, GWB, 9. Auflage, § 19
Rn 152), wobei sich die Existenz eines solchen Marktes bereits aus § 6 EnWG ergibt. Hiernach wird den Betreibern derartiger Netze auferlegt, ihr Versorgungsnetz für Durchleitungen
zur Verfügung zu stellen. Der räumlich relevante Markt ergibt sich aus der geographischen Lage der Energieversorgungsnetze (Arbeitsgruppe S. 8).
Es spricht einiges dafür, dass der Beklagten auch auf dem Markt für die Belieferung von Endkunden eine marktbeherrschende Stellung zukommt, soweit dieser räumlich
mit dem Bereich ihres Stromnetzes identisch ist. Die Beklagte hat früher unstreitig alle Endkunden versorgt und daher einen ganz erheblichen Teil an „Altkunden“ übernommen,
zumal auch das bestehende Liefernetz als im Wettbewerb vorteilhafter Faktor in die Abwägung einzubeziehen wäre. Hinreichende Angaben, um dies abschließend zu beurteilen -
insbesondere verifizierbare Angaben über Marktanteile, Finanzkraft u.s.w. (vgl. Möschel WuW 1999, S. 4 ff, 9) - fehlen allerdings. Einer weiteren Aufklärung bedurfte es jedoch nicht,
da die marktbeherrschende Stellung auf dem Markt der Netzdurchleitungsdienstleistungen bereits ausreichend ist, um die Anwendbarkeit der §§ 19, 20 GWB hier zu rechtfertigen.
2.1.5 Die Erhebung einer Wechselgebühr stellt eine unbillige Behinderung anderer Stromlieferanten im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB dar und - da ein behinderndes Entgelt
niemals angemessen im Sinne des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB sein kann (zutreffend: Arbeitsgruppe, S. 49) - zugleich einen Missbrauch der martkbeherrschenden Stellung i.S.d.
§ 19 Abs. 1 GWB.
2.1.5.1. Eine Behinderung liegt immer dann vor, wenn eine Maßnahme für das Wettbewerbsverhalten des betroffenen Unternehmens nachteilig ist
(BGHZ 81, 322 ff, 327„Original -VW- Ersatzteile II“; BGHZ 116, 47ff, 57 „Amtsanzeigen“; BGH BB 1998, 2334 „Schilderpräger im Landratsamt“). Dies steht hier
außer Frage. Angesichts der unstreitig geringen Tarifunterschiede zwischen den Anbietern liegen die zu erwartenden Einsparungen wechselwilliger Kunden für eine
Vielzahl von Kunden in einem Bereich, in welchem die Erhebung einer „Wechselgebühr“ geeignet ist, den Anreiz zum Wechsel des Stromlieferanten in einem erheblichen
Umfange herabzusetzen, wenn nicht ganz zu unterbinden.
Für das Vorliegen einer Behinderung i. S. des § 20 GWB ist irrelevant, ob das Wechselentgelt vom Stromkunden oder vom neuen Lieferanten verlangt wird. Das Gesetz untersagt
gleichermaßen die mittelbare wie die unmittelbare Behinderung, da es für die behindernde Wirkung keinen Unterschied macht, ob direkt beim Kunden ein Entgelt für den Wechsel
zu einem anderen Versorgungsunternehmen eingefordert wird, oder ob das betroffene Unternehmen dieses selbst bezahlen muss. In beiden Fällen wird an den Wechsel zu einem
anderen Versorgungsunternehmen ein wirtschaftlicher Nachteil geknüpft, der die wettbewerblichen Betätigungsmöglichkeiten des neuen Lieferanten schmälert (Verfügung des
Bayrischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie als Landeskartellbehörde vom 12. November 2000, Geschäftsnummer: 555 d 5-W/1 b-36409, vorgelegt als
Anlage K 10, GA Bd. II, Bl. 106 ff., dort S. 3, 4; LG Düsseldorf, Urteil vom 16.05.2001, Geschäftsnummer: 12 O 395/00, vorgelegt als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 28.05.2001,
GA Bd. III, Bl. 49 ff., Bl. 59).
2.1.5.2. Die Behinderung ist auch unbillig. Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs
gerichteten Zielsetzung des GWB (BGH GRUR 2000, 344; Bechthold, a. a. O, § 20, Rn. 36 jeweils m. w. N.).
2.1.5.2.1. Entsprechend dem Vortrag der Beklagten ist dabei davon auszugehen, dass die Inrechnungstellung von Wechselkosten im Interesse ihres
Geschäftsbereiches "Netz" erfolgt, und nicht im Interesse des Geschäftsbereiches "Vertrieb". Dies ergibt sich insbesondere aus den Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom
30.11.2000. Dort hat sie der Behauptung des Klägers, die erhobene Gebühr diene der Abgeltung der änderung der Endablesung, ausdrücklich widersprochen (GA Bd. I, Bl. 165 ff.).
Die im einzelnen dargelegten Schritte bei einem Lieferantenwechsel gehen nur insoweit über die "üblichen" Aufwendungen, die ein Vertragspartner bei Kündigung eines
Dauerschuldverhältnisses hat, hinaus, als die Beklagte aufgrund ihrer Doppelstellung als Stromlieferant und Netzbetreiber in ihrer letztgenannten Funktion für die Zuordnung
des Kunden zu dem jeweils „richtigen“ Bilanzkreis und damit zusammenhängende Verwaltungsaufgaben zuständig ist.
2.1.5.2.2. Bei der vor diesem Hintergrund durchzuführenden Abwägung ist neben den Interessen der Beklagten auch das Interesse der wechselwilligen
Kunden sowie derjenigen, die Kunden der Klägerin bleiben wollen, in die Abwägung einzubeziehen (LG Düsseldorf a. a. O., GA Bd. III, Bl. 59 ff.; Arbeitsgruppe S. 49, 50, GA Bd. III,
Bl. 27). Die Abwägung geht dabei im Ergebnis zu Lasten der Beklagten aus.
Die Beklagte hat als Stromlieferant ein erhebliches Interesse an der Wechselgebühr, da hierdurch eine Schranke für den Kundenwechsel aufgebaut wird. Dieses Interesse an einer
Beschränkung des Wettbewerbes durch Errichtung von Marktzutrittsschranken ist allerdings angesichts der auf Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB nicht
berücksichtigungsfähig (Bayrisches Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie als Landeskartellbehörde, Untersagungsverfügung vom 10. November 2000, S. 10,
GA Bd. I, Bl. 135). Demgegenüber besteht bei anderen Lieferanten ein erhebliches und schützenswertes Interesse an einem ungehinderten und diskriminierungsfreien Marktzutritt.
Ungeachtet des Umstandes, dass die Errichtung von Marktzutrittsschranken durch marktbeherrschende Unternehmen ohnehin der Intention des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen widerspricht, ist hierbei von besonderer Bedeutung, dass es eindeutige Intention das EnWG 1998 war, Wettbewerb auf dem bis dahin weitgehend
monopolistisch strukturierten Strommarkt zu erreichen (hierzu ausführlich Büdenbender JZ 1999, 62 ff sowie Möschel WuW 1999, 5). Diese gesetzgeberische Grundentscheidung
ist unzweifelhaft bei der Auslegung des GWB mit einzubeziehen (BKartA Vfg. vom 31. 08. 1999, Az. B-8-40100 - T - 99/99, zitiert nach juris).
Die Beklagte hat in ihrer Eigenschaft als Netzbetreiberin allerdings ein legitimes Interesse daran, dass sie für die in dieser Funktion von ihr zu tätigenden Aufwendungen aus Anlass
eines Kundenwechsels einen angemessenen Ausgleich erhält. Wie das Bayrische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie als Landeskartellbehörde in der
Untersagungsverfügung vom 10. November 2000 (a.a.O.) allerdings zu Recht ausführt, besteht ein wirtschaftliches Interesse des Netzbetreibers, die wechselbedingten Mehrkosten
(pauschaliert) gerade dem Kunden in Rechnung zu stellen, der künftig von einem anderen Versorgungsunternehmen beliefert wird, nicht
(Untersagungsverfügung S. 8, GA Bd. II, Bl. 133). Zutreffend führt es aus, dass das gleiche wirtschaftliche Ergebnis - voller Ersatz der Mehrkosten - sich auch dadurch erzielen lasse,
dass die Mehraufwendungen in das Nutzungsentgelt der jeweiligen Spannungsebenen eingerechnet und auf alle Nutzer dieser Spannungsebene umgelegt werde, also dadurch, dass
diese Kosten „sozialisiert“ werden. Der Grundsatz der Kostenorientierung, der sich aus §§ 1, 12 BTOElt ergibt, wird hierdurch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht tangiert.
Die Sozialisierung von besonderen Aufwendungen ist auch nach der derzeit praktizierten Handhabung nicht ungewöhnlich und wird beispielsweise bei Tod oder Umzug praktiziert.
Wieso gerade der Fall des Lieferantenwechsels anders zu beurteilen und mit dem Grundsatz der Kostenorientierung nicht in Übereinstimmung zu bringen sein soll, erschließt sich
dem Senat daher nicht. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass die Aufwendungen bei einem Lieferantenwechsel insoweit ungleich höher sind, jedoch handelt es sich dabei nur
um ein graduelles, nicht um ein grundsätzliches Problem. Die ordentliche Vertragskündigung ist eine vom Gesetzgeber gewollte und sanktionierte Möglichkeit der Vertragsbeendigung
und muß daher im Hinblick auf die Tarifstruktur grundsätzlich gleich behandelt werden wie andere Beendigungsgründe, beispielsweise eine außerordentliche Kündigung wegen
Umzugs.
Andererseits ist es für den Netzversorger aufgrund der bereits zitierten gesetzgeberischen Grundentscheidung für einen diskriminierungsfreien Wettbewerb zwingend geboten,
anfallende Aufwendungen wettbewerbsneutral umzulegen. Eine Tarifstruktur, welche selektiv den Wettbewerb gerade dort behindert, wo ein Wechsel zu einem anderen
Stromlieferanten geplant ist, ist damit nicht zu vereinbaren. Die dem Netzbetreiber erwachsenden Aufwendungen durch das (wettbewerbsrechtlich erwünschte!) „Tarifhopping“
erwachsen auch und in gleicher Weise wie von der Beklagten dargelegt, wenn die Beklagte als Stromlieferantin überhaupt nicht an dem Vorgang beteiligt ist, wie beispielsweise beim
Wechsel von einem Drittlieferanten zu einem anderen. Entsprechendes gilt auch, wenn ein Kunde von einem Drittlieferanten zu der Beklagten wechselt. Die hier beanstandete
Wechselgebühr fällt in diesen Fällen nicht an, so dass das beanstandete Verhalten keine andere Funktion hat, als durch Ausnutzung der Monopolstellung im Bereich „Netz“ einseitig
den Wettbewerb des Geschäftsbereiches "Vertrieb" der Beklagten zu fördern. Selbst wenn jedoch die Beklagte als Netzbetreiberin - losgelöst von den Stromlieferungsverträgen - e
ine allgemeine Wechselgebühr verlangen sollte, würde dies nicht zu einer anderen Beurteilung führen können. Hierbei kann nicht unbeachtet bleiben, dass durch die Weiterversorgung
eines großen Teils der „Altkunden“, die noch aus Zeiten eines monopolistisch ausgerichteten Stromlieferungsmarktes bei der Beklagten verblieben sind, auch eine solche Gebühr de
facto zu einer wettbewerblichen Bevorteilung des Stromvertriebes der Beklagten - und damit einhergehend einer Behinderung ihrer Wettbewerber -
führt.
Auch die Interessen der nicht wechselbereiten Kunden der Beklagten rechtfertigen die Erhebung einer Wechselgebühr nicht. Zutreffend weist die Arbeitsgruppe Netznutzung
Strom der Kartellbehörden darauf hin, dass der Grundsatz verursachungsgerechter Kostenzuordnung kein Selbstzweck ist, sondern auf die kostenmäßige Auswirkung auf den
Strombezug insgesamt - auch für diese Gruppe - abzustellen ist (Arbeitsgruppe S. 50 f). Hierbei ist von der gesetzgeberischen Wertung auszugehen, die darauf abstellt, dass
durch den Wettbewerb und die Erzielung wettbewerbsgerechter Preise insgesamt eine - auch preislich - optimale Versorgung der Verbraucher gewährleistet ist. Diese Erwartung hat
sich auch erfüllt. So hat Büdenbender schon 1999 darauf hingewiesen, dass die Energieversorgungsunternehmen zur Vorbereitung auf den Wettbewerb Kostenmanagement betrieben,
Organisationsstrukturen gestrafft und in erheblichem Umfang Personal abgebaut haben, wodurch bei den größten Energieversorgungsunternehmen Kostenentlastungen in Höhe
von zweistelligen Milliarden DM erreicht wurden und - bei andauerndem Rationalisierungsprozess - eine spürbare Senkung der Energiepreise erreicht wurde (JZ 1999, 62 ff). Dem
entspricht es, wenn das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 16. 05. 2001 a.a.O., S. 13) auf die im dortigen Verfahren vorgelegte Pressemitteilungen der Vereinigung Deutscher
Elektrizitätswerke vom 02. 05. 2000 und 27. 03. 2000 verweist, wonach die Stromrechnung eines Drei-Personen-Musterhaushaltes im Zuge der Liberalisierung des deutschen
Strommarktes von April 1998 bis April 2000 um 14 % gesunken ist und diese Stromrechnung sogar um 25 % niedriger hätte ausfallen können, wenn nicht die Steuern stark erhöht
worden wären. Der Kläger hat als Anlage K 12 zum Schriftsatz vom 16. 05. 2001 (GA Bd. 3 Bl. 43) eine Pressemitteilung der Beklagten selbst vorgelegt, wonach die im Zuge der
„Ökosteuer“ angefallene Erhöhung der Energiepreise nicht an die Kunden der Beklagen weitergegeben wurde, und trägt unbestritten vor, dies sei zu Monopolzeiten undenkbar
gewesen. Die Erwartung, dass auch die nicht wechselbereiten Kunden von dem Wettbewerbsdruck der wechselwilligen Kunden profitieren, ist daher begründet. Ein relevantes
Interesse dieser Kundengruppe an der „Wechselgebühr“ vermag der Senat von daher nicht zu erkennnen.
Dass die wechselwilligen Kunden selbst kein Interesse an einer entsprechenden Gebühr haben, bedarf keiner weiteren Begründung.
2.1.5.2.3. Selbst wenn man zugrundelegt, dass die in Rechnung gestellten Aufwendungen jedenfalls teilweise auch für Aufwendungen des Geschäftsbereiches „Vertrieb“
der Beklagten getätigt werden, ergibt sich keine für die Beklagte günstigere Beurteilung. Die Beklagte übt die marktbeherrschende Stellung als Netzbetreiber missbräuchlich aus,
wenn sie bei einem Wechsel des Stromlieferanten Gebühren verlangt, die teilweise oder ganz ihrem Vertriebsbereich zuzuordnen sind (LG Hamburg a.a.O. S. 10).
2.2. Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht gestattet, gem. § 18 AGBG die Urteilsformel in der erkannten Weise bekannt zu machen. Der Kläger ist auch legitimiert,
Ansprüche aus dem AGBG geltend zu machen (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 AGBG). Die beanstandete Klausel verstößt gegen die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung und ist
daher nach § 9 Abs. 1, 2 Nr. 1 AGBG unwirksam
Mit zutreffender Argumentation, welche sich der Senat zu eigen macht, geht das Landgericht davon aus, dass es sich bei der beanstandeten
Klausel nicht um eine der Nachprüfung entzogene Preisklausel handelt.
Die Kosten der Erstellung der eigenen Schlussrechnung dürfen nicht auf den Kunden abgewälzt werden, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat (LGU S. 8, GA Bd. 2. Bl. 9).
Mit den Grundgedanken des bürgerlichen Rechts ist es auch nicht zu vereinbaren, dass sich ein Vertragspartner Aufwendungen erstatten lässt, die zumindest teilweise außerhalb
des bestehenden Vertragsverhältnisses im Vorgriff auf ein künftiges (anderweitiges) Vertragsverhältnis entstehen. Dies ist hier der Fall, wie sich aus den auch hier zutreffenden
Ausführungen in dem angefochtenen Urteil ergibt. Aus den Darlegungen der Beklagten ergibt sich, dass ein erheblicher Teil der mit der Wechselgebühr abgegoltenen Aufwendungen
im Hinblick auf das (künftige) isolierte Netzbenutzungsverhältnis getätigt werden. Die Argumentation der Beklagten, diese erfolge, um „nachvertraglichen“ Pflichten zu genügen, ist
verfehlt. Die Pflicht, ihr Netz weiter (diskriminierungsfrei) zur Verfügung zu stellen und die hierfür gebotenen Vorkehrungen zu treffen, folgt aus § 6 EnWG sowie den kartellrechtlichen
Vorschriften der §§ 19 Abs. 1, 4 und 20 Abs. 1 GWB und nicht aus dem (bisherigen) Stromlieferungsvertrag.
2.3. Der - gem. § 287 ZPO angemessen durch das Landgericht geschätzte - Aufwendungsersatzanspruch des Klägers folgt aus §§ 683, 670 BGB.
3. Das Rechtsmittel der Beklagten hat auch keinen Erfolg, soweit sie die erstinstanzliche Kostenentscheidung angreift. Ungeachtet der Frage, welchen Umfang der abgewiesene Teil
der Klage im Rahmen der rechtlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung in Anspruch nahm, ist der Ansicht des Landgerichts, dass nach dem hier maßgeblichen Interesse des
Klägers das Unterliegen als so geringfügig einzuschätzen ist, dass von der Vorschrift des § 92 Abs. 2 ZPO Gebrauch gemacht werden konnte, nicht entgegen zu treten.
4. Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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