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Keine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 610 BGB auf valutierte Darlehen; NJW 92, 2742 (Auszug)
I. Einleitung
In seinem kürzlich hier erschienen Beitrag vertritt Gruber die Ansicht, daß § 610 BGB auch auf valutierte Darlehen anzuwenden sei. Grubers Argumentation vermag jedoch nicht zu überzeugen. Auch ist eine Änderung der Gesetzeslage, welche den Anwendungsbereich des §610 BGB im Sinne Grubers ausdehnt, abzulehnen. Gruber begründet seine Ansicht zusammengefaßt wie folgt (1): .............
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Gruber ist zu widersprechen. Weder trifft es zu, daß der Zinssatz der entsteht, wenn ein Darlehen gekündigt wird, es gebietet, der Bank ein Widerrufsrecht für valutierte Darlehen zu gewähren, noch ist der Annahme zuzustimmen, dass die Begrenzung des Widerrufsrechts auf nicht-valutierte Darlehen seit dem Wechsel der herrschenden Meinung generell an Überzeugungskraft verloren" (5) hat. Angebracht wäre es indes, dem Kreditnehmer im Falle der ausserordentlichen Kündigung ein Widerrufsrecht einzuräumen. Ein solches Recht kann dem Kreditnehmer jedoch nur im Wege der Gesetzgebung gewährt werden.
II. Zinssatz und Widerruf
Gruber ist darin zuzustimmen, daß in der bankpraxus die Höhe des Zinssatzes bei Darlehen mit der Laufzeit variiert. In manchen Fällen ist es so, daß die Zinssätze für längere Laufzeiten höher sind als die für kürzere. Wird in einem solchen Fall das Darlehen gekündigt, so zahlt der Kunde einen Zinssatz der höher ist, als wenn der Kunde von vornherein mit der Bank die tatsächliche Laufzeit vereinbart hätte (6). ........
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III. Realvertragstheorie als Ursache für die Begrenzung des Widerrufsrechts
Unterstellt, der Unterschied in den Rechtsfolgen zwischen Darlehensversprechen und valutierten Darlehen sei nur eine Konsequenz der Realvertragstheorie, so hätte der Wechsel der "h.M." von der Real- zurKonsensualvertragstheorie entgegen Gruber nicht die Konsequenz, die Widerrufsmöglichkeit auf das valutierte Darlehen auszudehnen, sondern umgekehrt, den §610 BGB überhaupt für obsolet zu erklären, denn widerrufen werden können nur solche Willenserklärungen, die noch nicht endgültig wirksam geworden sind. Das nicht-valutierte Darlehen könnte - ohne die Vorschrift des § 610 BGB - nach der Konsensualvertragstheorie also nur gekündigt werden. Dies gilt auch für die Realvertragstheorie. ........
§ 610 BGB ist somit keine logische Konsequenz der Realvertragstheorie, sondern eine sowohl zur Real- als auch zur Konsensualvertragstheorie systemwidrig stehende Norm, ............
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V. Ergebnis
Nachteile des Darlehensempfängers nach einer ordentlichen Kündigung können nicht dadurch vermieden werden, daß man der Bank ein Widerrufsrecht analog § 610 BGB auch für valutierte Darlehen gewährt . Ein solches Recht steht der Bank nicht zu. Dem Darlehensempfänger kann ein Widerruf des Darlehens im Einzelfall Vorteile im Vergleich zur Kündigung einbringen. Ein Widerrufsrecht für valutierte Darlehen ist aus dem geltenden Recht aber nicht ableitbar, aber erforderlich. Dierser Umstand ist durch eine Änderung des Gesetzes zu beheben.
(1) NJW 1992, 410 ( linke Spalte
).
(5) Gruber, NJW 92, 419 ( 421 )
(6) Der Nachteil für den Darlehensnehmer
wird noch dadurch erhöht, daß die Rechtsprechung ein evtl. Disagio
(m.E. zu unrecht)
im Zweifel zu den Kreditkosten rechnet (vergl. Canaris, Bankvertragsrecht,
Rdnr. 1246; anders: Gernhuber, JZ 1959, 314 (315); Staudinger-Hopt-Mülbert,
§607 Rdnr. 11; diese wollen § 326 BGB entsprechend anwenden.)