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AAN
BGH XI ZR 344/11 v. 2012-09-18 (Frankfurt am Main/Frankfurt am Main)
Wendet sich der Emittent von Wertpapieren ausdrücklich auch an das unkundige und börsenunerfahrene Publikum, so bestimmt sich der Empfängerhorizont für Prospekterklärungen nach
den Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten ei-nes durchschnittlichen (Klein-)Anlegers, der sich allein anhand der Prospektangaben über die Kapitalanlage informiert und über
keinerlei Spezialkenntnisse verfügt.
In diesem Fall gehört zu den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die für die Beurteilung der angebotenen Wertpapiere notwendig und daher richtig und vollständig in einem
Wertpapier-Verkaufsprospekt darzustellen sind, auch die Möglichkeit der Erteilung nachteiliger Weisungen durch eine beherrschende Konzernmuttergesellschaft an eine beherrschte
Konzerntochtergesellschaft und die damit verbundene - erhöhte - Gefahr für die Rückzahlung der an die Konzerntochtergesellschaft gezahlten Anlegergelder.
Als Verantwortliche, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (Prospekt-veranlasser), werden die Personen erfasst, die ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission der
Wertpapiere haben und darauf hinwirken, dass ein unrichtiger oder unvollständiger Prospekt veröffentlicht wird. Durch diese Regelung soll eine Lücke bei den Haftungsverpflichteten
geschlossen werden; insbesondere sollen auch Konzernmuttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden, wenn eine Konzerntochtergesellschaft Wertpapiere emittiert.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 344/11
OLG Frankfurt am Main, 5 U 51/10 vom 21.6.2011
LG Frankfurt am Main, 3-15 O 88/09 vom 12.03.2010
Verkündet am:
18. September 2011
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand:
1. Der Kläger nimmt den Beklagten aus Prospekthaftung nach dem Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz auf Rückabwicklung des Erwerbs von Inhaberschuldverschreibungen einer mittlerweile insolventen Aktiengesellschaft in Anspruch.
2. Die W. AG (nachfolgend: W. ), über deren Vermögen am 1. September 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, legte in den Jahren 1999 bis 2006 insgesamt fünfundzwanzig
Inhaberschuldverschreibungen ohne Börsenzulassung mit einem rechnerischen Gesamtvolumen von 565 Mio. € auf. Der Beklagte war unter der Firma J. e.K. zu 74% Mehrheitsaktionär
der W. und auf Grundlage eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages herrschender Unternehmer. Die W . war ihrerseits vertraglich herrschendes Unternehmen bei mehreren
Tochtergesellschaften. Für den Konzern wurde vom Beklagten auf Grund von Ein-zelweisungen ein Liquiditätsmanagement geführt, das zur Folge hatte, dass hohe Einzelzahlungen von der W.
an den Beklagten erfolgten, die im Rechnungswesen der W. als werthaltige Forderungen ausgewiesen sind.
3. Anfang des Jahres 2005 legte die W. die mit dem Prospekt "Ausgewogene Konditionen" beworbene Anleihe mit der Kennnummer … in Höhe eines
Gesamtvolumens von 20 Mio. € auf, die eine Laufzeit von drei Jahren hatte und mit 6,25% p.a. verzinst werden sollte. Der vom Vorstand der W. unter dem 2. Februar 2005 unterzeichnete
und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht untersagte Wertpapier-Verkaufsprospekt enthält auf Seite 17 ein Organigramm, in dem die Beteiligung des
Beklagten als einzelkaufmännischer Unternehmer mit einem durchgezogenen Pfeil und der Zahl 74% dargestellt ist. Ein gegenläufiger, gestrichelter Pfeil wird mit "Gewinnabführungsvertrag"
erläutert. Auf Seite 34 befindet sich der Hinweis, dass der Beklagte Mehrheitsaktionär mit einem Anteil von 74% am Grundkapital der W. ist. Auf Seite 33 wird ohne
weitere Erläuterung darauf hingewiesen, dass mit dem Beklagten als Einzelkaufmann ein Ge-winnabführungs- und Beherrschungsvertrag besteht. Auf Seite 45 wird für das
Geschäftsjahr 2003 ein positives Ergebnis von 0,8 Mio. € mitgeteilt, das auf-grund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages an den Organträger abzuführen ist. Die
finanzielle Lage des Beklagten bzw. des Konzerns ist im Prospekt nicht dargestellt. Auf Seiten 22 und 23 enthält der Prospekt einen Ab-schnitt mit der Überschrift "Risikohinweise",
in dem die Möglichkeit des Total-verlustes wie folgt beschrieben wird: "Im Fall der Insolvenz der Gesellschaft besteht das Risiko, dass der Anleihegläubiger einen Totalverlust
seiner Anlage erleidet."
4. Das erste öffentliche Angebot der Wertpapiere aufgrund des Prospektes fand am 24. Februar 2005 statt. Danach zeichnete der Kläger fünf Inhaber-Teilschuldverschreibungen mit den Coupon-Nummern … bis … zum Nennbetrag von je 1.000 €.
Die W. nahm am 29. April 2005 den Kaufantrag des Klägers an und übersandte ihm am selben Tag die Wertpapierurkunden.
5. Mit seiner Klage begehrt der Kläger unter anderem die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug
gegen Übertragung seiner Rechte im Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. aus dem Erwerb der Inhaber-Teilschuldverschreibungen sowie die Feststellung des Annahmeverzugs.
Das Landgericht hat die Klage durch Teilurteil abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr bis auf einen kleinen Teil der Zinsen stattgegeben. Mit der -
vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
6. Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
7. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in NZG 2011, 1158 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8. Die Klage sei zulässig, insbesondere sei
§ 309 Abs. 4 Satz 5 AktG im Verhältnis zum Beklagten nicht anzuwenden, da ein möglicher Ersatzanspruch
der W. gegen den Beklagten aus der Verletzung von Weisungsbefugnissen im Konzern zu dem geltend gemachten Anspruch aus
einem Verkauf von Schuldverschreibungen im Streitgegenstand verschieden sei.
9. Die Klage sei in der Hauptforderung aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG aF i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG aF begründet.
Nach der Überleitungsvorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG gölten für Wertpapiere von Nichtkreditinstituten § 13 VerkProspG und die Vorschriften der
§§ 45 bis 49 BörsG jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juni 1996 zeitlich unbegrenzt, wenn der Prospekt vor dem 1. Juli 2005 veröffentlicht worden sei.
Das sei hier der Fall. Denn das erste öffentliche Angebot sei am 24. Februar 2005 erfolgt. Der Hinweis der Überleitungsvorschrift auf §§ 45 bis 49 BörsG
anstatt der §§ 44 bis 48 BörsG aF stelle ein redaktionelles Versehen dar.
Der Kläger habe die in der Klageschrift erwähnten Inhaberschuldverschreibungen auch im Haftungszeitraum von sechs Monaten
dem ersten öffentlichen Angebot, nämlich im April 2005 erworben. Hiervon sei der Senat infolge der vorgelegten Annahmeerklärung der W. überzeugt.
10. Der Prospekt sei in Bezug auf den mit dem Beklagten bestehenden Ge-winnabführungs- und Beherrschungsvertrag unvollständig im Sinne des § 13 Abs. 1
VerkProspG, weil er nicht darauf hingewiesen habe, dass der Beklagte in Abweichung von der Gesetzeslage dem Vorstand der W. nachteilige Wei-sungen habe erteilen können, die nur dem
Beklagten oder anderen Konzernge-sellschaften nützlich gewesen wären, wie dies in § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG um-schrieben sei, und weil er die Abhängigkeit der Rückzahlung von der
unbekannten Vermögenslage des Beklagten verschwiegen habe. Zum einen folge aus § 5 Nr. 6 Wertpapier-Verkaufsprospektverordnung (VerkProspV), dass der Prospekt eine kurze
Beschreibung des Konzerns und der Stellung des Emittenten in diesem zu geben habe, wenn dieser - wie hier - ein
Konzernunternehmen sei; zum anderen folge aus § 2 VerkProspV, dass Auskunft über die tatsächli-chen und rechtlichen Verhältnisse zu geben sei, die für die Beurteilung der angebotenen
Anlage notwendig seien. Die Einbeziehung der Folgen des Unter-nehmensvertrages mit dem Beklagten sei zur Beurteilung der Anlage notwen-dig, da sich daraus ergebe, dass die Rückzahlung
des Anlagebetrages nicht nur vom geschäftlichen Erfolg der W. , sondern auch von dem des Beklagten ab-hängig sei. Der Anleger bleibe über die Vermögensverhältnisse und
Verwendungsabsichten des beherrschenden Unternehmers im Unklaren, obwohl die Deckung der Rückzahlung auch von dessen Leistungswillen beeinflusst sei. Weder aus dem unstreitig
unvollständigen Schaubild auf Seite 17 noch aus dem auf Seite 33 des Prospekts enthaltenen Hinweis auf den Gewinnabfüh-rungs- und Beherrschungsvertrag ließen sich die Risikofaktoren,
die sich aus dem Unternehmensvertrag ergäben, bzw. der Grad des Risikos beurteilen, weil insbesondere die wirtschaftliche Lage des Konzerns nicht deutlich werde. Diese sei aber für
die Rückzahlungserwartung von Bedeutung. Soweit auf Seite 23 allgemein auf das Risiko eines Totalverlustes hingewiesen worden sei, werde daraus das besondere Risiko aus dem
Unternehmensvertrag nicht deutlich.
11. Der Verständnishorizont des Anlegers sei auf Grundlage der europa-rechtlichen Vorgaben zu bestimmen, wobei Definitionen aus der Zeit vor der
europäischen Prospektrichtlinie keine Leitfunktion mehr übernehmen könnten. Die Richtlinie 2003/71/EG vom 4. November 2003 verlange in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 eine Darlegung in leicht zu
analysierender und verständlicher Form, aus den Erwägungsgründen 21 und 16 sowie den berufsständischen Anforderungen ergebe sich, dass die Risiken der Anlage in allgemein verständlicher
Sprache ausführlich darzustellen und zu gewichten seien. Vor diesem Hintergrund habe der unkommentierte Hinweis auf den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag mit dem Beklagten
weder dem Verständnis eines Kleinanlegers - an den sich der Prospekt "Ausgewogene Konditionen" unstreitig auch gewandt habe - noch dem eines durchschnittlichen Anlegers genügt,
da die Wirkungen eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages nicht zum Allgemeinwissen gehörten, sondern juristisches oder wirtschaftswissenschaftliches Fachwissen erforderten.
Die fehlende Erläuterung sei auch wesentlich, da der Wert einer Anlage dadurch bestimmt werde, ob ihre Rückzahlung sicher oder unsicher sei. Der Beklagte habe jedoch wegen
§ 308 AktG der W. Liquidität und Vermögen entziehen können und sei nur im jeweiligen Zeitpunkt der Jahresabschlussfest-stellung zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages
verpflichtet gewesen.
12. Der Beklagte sei Prospektverantwortlicher im Sinne von § 44 Abs. 1 Ziff. 2 BörsG aF, weil er die Herausgabe des Prospektes veranlasst habe.
Hierfür genüge es, dass der Prospekt mit seiner Kenntnis in Verkehr gebracht worden sei. Das ergebe sich hier daraus, dass der Beklagte sowohl Mehrheitsge-sellschafter als auch
durch den Beherrschungsvertrag begünstigt gewesen sei und unstreitig durch Weisungen zu Zahlungsflüssen unmittelbar in das Geschäft eingegriffen habe.
13. Ein Haftungsausschluss nach § 45 BörsG aF komme nicht in Betracht. Weder habe der Beklagte geltend gemacht, dass der Kläger die Wertpapiere
ausschließlich auf Grund anderer Umstände erworben hätte (§ 45 Abs. 2 Ziff. 1 BörsG aF), noch habe er sich vom Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis entlastet (§ 45 Abs. 1 BörsG aF).
Dass die BaFin den Prospekt nicht untersagt habe, lasse ein Verschulden schon deshalb nicht entfallen, da eine inhaltliche Prüfung im Verfahren nach § 8a Abs. 2 VerkProspG aF
nicht stattfinde.
14. Verjährung gem. § 46 BörsG aF sei nicht eingetreten. Ein Schriftsatznachlass gem. § 139 Abs. 5 ZPO habe nicht gewährt werden müssen,
da der Senat keinen förmlichen Hinweis erteilt habe und dem Beklagten habe klar sein müssen, dass der prospektrechtliche Schwerpunkt des Rechtsstreits in der sich aus
der Beherrschung ergebenden Lage zu finden sein könnte. Der nachge-reichte Schriftsatz des Beklagten gebiete keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem.
§ 156 ZPO, da das nachgereichte Vorbringen unerheb-lich sei. Diesem sei nicht zu entnehmen, wie die Darstellung und Auseinandersetzung des an der Prospekterstellung
mitwirkenden Beraters mit Rechtsprechung, Fachliteratur und vorhandenen Üblichkeiten erfolgt sei und sich auf-drängende Bedenken habe zerstreuen können.
15. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
16. 1.  : Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Klage als zulässig behandelt. Entgegen der Ansicht der Revision steht die Insolvenz der W.
weder in direkter noch analoger Anwendung von § 309 Abs. 4 Satz 5 AktG dem vom Kläger verfolgten Anspruch aus Wertpapier-Prospekthaftung gegen den Beklagten entgegen.
17. Die Vorschrift des § 309 Abs. 4 Satz 5 AktG, nach der Ersatzansprüche einer abhängigen Konzerngesellschaft gegen den Inhaber eines herrschenden
Konzern-Unternehmens für die Dauer eines Insolvenzverfahrens nicht von den Aktionären und Gläubigern, sondern nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können, ist
vorliegend nicht einschlägig. Entgegen der Ansicht der Revision geht es vorliegend weder um die im Insolvenzverfahren geltende Gleichstellung aller Gläubiger der insolventen
Gesellschaft (hier der W. ), noch um die Liquidation von "Reflexschäden", sondern um die auf einem anderen Rechtsgrund, nämlich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung,
fußende Verantwortlichkeit des Beklagten als Prospektveranlasser. Dass der Beklagte zugleich herrschender Unternehmer der insolventen W. ist, führt - anders als die Revision
meint - nicht dazu, dass gegen ihn gerichtete Ansprüche aus § 13 VerkProspG aF, § 44 BörsG aF wegen § 309 Abs. 4 Satz 5 AktG während des Insolvenzverfahrens nur vom
Insolvenzverwalter geltend gemacht werden könn-ten. Die Revision verkennt, dass es hier nicht um Ansprüche der W. gegen den Beklagten aus einem Missbrauch der
Beherrschungsmacht geht, die im Insolvenzverfahren nicht durch Gläubiger der W. geltend gemacht werden sollen (§ 309 Abs. 4 Satz 5 AktG), sondern um davon wesensverschiedene
eigene Ansprüche wegen der Verantwortlichkeit des Beklagten für den Prospekt "Ausgewogene Konditionen".
18. 2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Übernahme der Wertpapiere gegen
Erstattung des Erwerbspreises gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG in der jeweils maßgeblichen Fassung bejaht. Nach diesen Vorschriften kann der Erwerber
von Wertpapieren dann, wenn zu deren Beurtei-lung wesentliche Angaben in einem Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig sind, unter anderem von denjenigen, von denen der Erlass
des Pros-pekts ausgeht, die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb von
sechs Monaten seit dem Zeitpunkt des ersten öffentlichen Angebots abgeschlossen wurde.
19. a) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die für den streitentscheidenden Zeitraum maßgeblichen Haftungsnormen angewandt.
20. Nach § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG in der Fassung vom 22. Juni 2005 (BGBl. I, S. 1698; nachfolgend: aF) finden auf Verkaufsprospekte von
Nichtkreditinstituten, die vor dem 1. Juli 2005 im Inland veröffentlicht wurden, § 13 VerkProspG in der vor dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung (der Bekanntmachung vom 21. Juni 2002,
BGBl. I, S. 2010, 2044; nachfolgend: aF) und die Vorschriften der §§ 45 bis 47 des Börsengesetzes vom 21. Juni 2002 (richtig: §§ 44 bis 47 BörsG in der Fassung vom 21. Juni 2002,
BGBl. I, S. 2010; nachfolgend: aF) weiterhin Anwendung. Soweit die Revision einwendet, der vom Berufungsgericht zitierte § 13 VerkProspG in der Fassung der Bekanntmachung vom
17. Juni 1996 existiere nicht, ist das zwar zutreffend; das beruht aber er-sichtlich auf der Verwechslung mit § 18 Abs. 2 Satz 1 VerkProspG aF, der für vor dem 1. April 1998
veröffentlichte Verkaufsprospekte auf die Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juli 1996 verweist. Das Berufungsgericht, das ausdrücklich von einem am 24. Februar 2005
veröffentlichten Prospekt ausgegan-gen ist, hat seiner Prüfung gleichwohl die §§ 13 VerkProspG, 44 ff. BörsG aF in der in § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG aF erwähnten
richtigen Fassung zugrunde gelegt. Das ergibt sich schon aus dem zutreffenden Hinweis auf das Redak-tionsversehen des Gesetzgebers, der in § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG aF
nicht auch § 44 BörsG aF aufgeführt hat, obwohl diese Vorschrift nach § 13 Abs. 1 VerkProspG aF ebenfalls entsprechend anwendbar ist (Könnecke in Arndt/Voß, VerkProspG,
§ 18 Rn. 46; Unzicker, VerkProspG, § 18 Rn. 8 Fn. 7).
21. b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht weiter zu Recht angenommen, dass der Prospekt "Ausgewogene Konditionen"
unvollständig ist, weil aus ihm nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte als Begünstigter des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages dem Vorstand der W. nachteilige
Weisungen erteilen konnte, die nur dem Beklagten oder anderen Konzerngesellschaften dienten (§ 308 Abs. 1 Satz 2 AktG), und weil er die Abhängigkeit der Rückzahlung
des Anlagebetrages von der nicht offen gelegten Vermögenslage und dem Geschäftsmodell des Beklagten verschweigt.
22. aa) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VerkProspG aF ist ein Prospekt fehlerhaft, wenn für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche
Angaben in einem Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig sind
23. Ein Verkaufsprospekt muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne
über alle Umstände, die von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten (st. Rspr., BGH, Urteil vom 28. Februar 2008 - III ZR 149/07,
juris Rn. 8 und Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115 Rn. 16 jeweils mwN; Senatsurteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, WM 2010, 2069 Rn. 29). Dazu gehört
auch eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (st. Rspr., BGH, Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12 mwN; BGH, Urteil vom
28. Februar 2008 - III ZR 149/07, juris Rn. 8 und Be-schluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115 Rn. 16 jeweils mwN). Die Aufklärungspflicht erstreckt sich auch auf
solche Umstände, von de-nen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden (BGH, Urteil vom 26. September 1991 -
VII ZR 376/89, WM 1991, 2092, 2094, insofern nicht in BGHZ 115, 213 ff. ab-gedruckt). Für die Frage, ob ein Emissionsprospekt unrichtig oder unvollständig ist, kommt es nicht
allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen, son-dern wesentlich auch darauf an, welches Gesamtbild er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt
(BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503 Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115 Rn. 37; zum Gesamtbild auch
BGH, Urteil vom 17. November 2011 - III ZR 103/10, WM 2012, 19 Rn. 31).
24. Auf diese im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen von § 13 VerkProspG aF
zurückgegriffen werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2010 - I-6 U 49/09, juris Rn. 59; Unzicker, VerkProspG, § 13 Rn. 28; vgl. BGH, Beschluss vom
13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115 Rn. 16; davon geht unausge-sprochen auch die übrige Literatur aus: Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb,
WpPG - VerkProspG, § 13 VerkProspG Rn. 38, 47; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, Verkaufsprospektgesetz, § 13 Rn. 30; Assmann in Assmann/Schütze,
Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 6 Rn. 93; Groß, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., §§ 45, 46 BörsG Rn. 24; Kind in Arndt/Voß, VerkProspG,
§ 13 Rn. 21; Nittel/Ebermann in Assies/Beule/Heise/Strube, Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Kap. 8 Rn. 139 ff.;
Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Aufl., § 44 BörsG Rn. 26). Der Verkaufsprospekt muss alle für die Beurteilung der Wertpapiere wichtigen
tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse möglichst zeitnah darstel-len (BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, WM 1982, 862, 864 zu § 45 BörsG aF)
und durch seine Aussagen von den Verhältnissen und der Vermö-gens-, Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens, dessen Papiere zum Kauf angeboten werden,
dem interessierten Publikum ein zutreffendes Ge-samtbild vermitteln (BGH, Urteile vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, WM 1982, 862 zu § 45 BörsG aF). Hierbei sind solche Angaben
als wesentlich im Sinne von § 13 Abs. 1 VerkProspG aF anzusehen, die ein Anleger "eher als nicht" bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde
(Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG - VerkProspG, § 13 VerkProspG Rn. 38 mwN).
24
25. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist auf den Empfängerhorizont abzustellen. Dabei ist nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen, der als Adressat des Prospektes in Betracht
kommt (BGH, Urteile vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, WM 1982, 862, 863 und vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503 Rn. 10; Se-natsurteil vom 22. Februar 2005 -
XI ZR 359/03, WM 2005, 782, 784; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115 Rn. 25). Bei einem Börsenzulassungsprospekt ist nach dieser Rechtsprechung
davon auszugehen, dass ein solcher Anleger es zwar versteht, eine Bilanz zu lesen, aber nicht un-bedingt mit der in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Schlüsselsprache vertraut
zu sein braucht (BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, WM 1982, 862, 863). Bei einem Wertpapierprospekt für Wertpapiere, die nicht an der Börse gehandelt werden sollen,
kommt es auf das Verständnis der mit dem Pros-pekt angesprochenen Interessenten an (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 110). Wendet sich der Emittent
ausdrücklich auch an das unkundige und börsenunerfahrene Publikum, so kann von dem durch-schnittlich angesprochenen (Klein-)Anleger nicht erwartet werden, dass er eine Bilanz
lesen kann. Der Empfängerhorizont bestimmt sich daher in diesen Fällen nach den Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen (Klein-)Anlegers, der sich
allein anhand der Prospektangaben über die Kapitalanlage informiert und über keinerlei Spezialkenntnisse verfügt.
26. bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Prospekt aus der Sicht der von ihm angespro-chenen Anleger unvollständig ist.
27. (1) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings zur Bestimmung des Anlegerhorizonts die Richtlinie
2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung
zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EG 2003 Nr. L 345 S. 64; nachfolgend: Prospektrichtlinie) herangezogen. Nach Art. 29
dieser Richtlinie war sie von den Mitgliedsstaaten erst zum 1. Juli 2005 umzu-setzen. Dieser Pflicht ist die Bundesrepublik Deutschland mit dem
Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 22. Juni 2005 (BGBl. I S. 1698; dort Art. 10 Satz 2) rechtzeitig nachgekommen. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung
kommt vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umset-zungsfrist sowohl nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als auch der des Bundesgerichtshofs
eine richtlinienkonforme Ausle-gung bereits bestehender Rechtsvorschriften grundsätzlich nicht in Betracht (Senatsurteile vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012,
983 Rn. 20 ff. sowie vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11, WM 2012, 1520 Rn. 27 mwN).
28. Indes hat das Berufungsgericht trotz der fehlerhaften Bezugnahme auf die Prospektrichtlinie im Ergebnis zutreffend ausdrücklich auf
den durchschnitt-lichen und verständigen Anleger abgestellt, der von dem Prospekt angesprochen werden sollte. Nach seinen tatbestandlichen
Feststellungen (§ 314 ZPO) wandte sich der Prospekt jedenfalls auch an Kleinanleger, so dass es - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist -
auf dessen Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten ankommt.
29. (2) Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht in einer Gesamtbetrachtung und unter
Heranziehung der § 2 und § 5 Nr. 6 VerkProspV (in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung, nachfolgend: VerkProspV aF) zu dem Ergebnis gelangt, der
Prospekt "Ausgewogene Konditionen" sei in Bezug auf den zwischen der W. und dem Beklagten bestehenden Beherrschungsvertag unvollständig
im Sinne von § 13 Abs. 1 VerkProspG aF. Zu den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die für die Beurteilung der angebotenen Wertpapiere notwendig und
daher richtig und voll-ständig darzustellen sind (§ 2 Abs. 1 VerkProspV aF), gehört auch die Möglich-keit der Erteilung nachteiliger Weisungen durch den
Beklagten an die W. und die damit verbundene - erhöhte - Gefahr für die Rückzahlung der Anlagegelder. Denn die Stellung der Emittentin innerhalb der
Konzernstruktur (§ 5 Nr. 6 VerkProspV aF; vgl. Voß in Arndt/Voß, VerkProspG, § 5 VermVerkProspV Rn. 82; Ritz in Assmann/Lenz/Ritz,
Verkaufsprospektgesetz, § 5 VerkProspV Rn. 7; Hennrichs in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 5 VerkProspV Rn. 5; Unzicker,
VerkProspG, § 5 VermVerkProspV Rn. 33) wird nicht nur durch die - im Prospekt erläuterte (Seiten 33 f., 35 ff.; Lagebericht unter E. Seite 45) -
Verbindung zu von der W. beherrschten Unternehmen, sondern maßgeblich auch und gerade durch die - mit der bloßen Erwähnung des Gewinnabführungs- und
Beherrschungsvertrages nur höchst unvollständig wiedergegebene - Einflussnahmemöglichkeit des herrschenden Beklagten auf die W. und insbesondere
durch deren - vollständig verschwiegenen - Umfang geprägt.
30. Der durchschnittliche (Klein-)Anleger kann auch bei sorgfältiger und eingehender Lektüre des Prospekts
(vgl. dazu Senatsurteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 904; BGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503 Rn. 9 und
vom 28. Februar 2008 - III ZR 149/07, juris Rn. 8; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115 Rn. 17) nicht erkennen, dass der Beklagte aufgrund
seines Weisungsrechts der W. unabhängig von deren Ertragslage zu seinem Vorteil und zu ihrem Nachteil Kapital entziehen und so die Einlagen der Anleger zweckentfremden konnte.
31. (a) Der Prospekt, der vom Senat selbst ausgelegt werden kann (Senats-urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22 mwN),
enthält auf Seite 17 ein nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellun-gen des Berufungsgerichts ohnehin in Bezug auf die konzernmäßige Verflechtung
unvollständiges Organigramm, in dem durch einen gestrichelten Pfeil das - auf Seite 33 nochmals erwähnte - Bestehen eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages
zwischen der W. und dem Beklagten dargestellt ist. Für einen durchschnittlichen Anleger wird daraus zwar deutlich, dass die W. als beherrschtes Unternehmen an den
Beklagten als Inhaber des herrschenden Unternehmens den am Jahresende verbleibenden Gewinn abzuführen hat, zu-mal genau dies auf Seite 45 im Lagebericht dahingehend
konkretisiert wird, dass der an den Organträger im Geschäftsjahr 2003 zu überweisende Betrag 0,8 Mio. € beträgt. Eine derartige Erläuterung findet sich im Prospekt
allerdings in Bezug auf die Möglichkeiten der Beherrschung der W. durch den Beklagten nicht. Dieser kann gem. § 308 Abs. 1 Satz 1 AktG dem Vorstand der W. nicht nur
allgemeine, sondern - unter dem hier gegebenen, im Prospekt aber nicht offengelegten Vorbehalt, dass der Vertrag nichts anderes bestimmt - gem. § 308 Abs. 1 Satz 2
AktG sogar nachteilige Weisungen erteilen, sofern sie dem herrschenden Unternehmen nur dienlich sind. Dies geht so weit, dass dem be-herrschten Unternehmen -
vermögensmäßig schädlich - in großem Umfang Li-quidität entzogen werden kann, ohne auf dessen Belange Rücksicht nehmen zu müssen (vgl. MünchKommAktG/Altmeppen,
3. Aufl., § 308 Rn. 95, 101; Em-merich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 308 AktG Rn. 45; Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl.,
§ 308 Rn. 17; Veil in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, 2. Aufl., § 308 Rn. 23). Im hier zu entscheidenden Fall bedeutet das, dass der Beklagte die Möglichkeit
hatte, per rechtmäßiger Weisung die durch die Emission der Inhaberschuldverschreibungen bei der W. eingeworbenen Gelder in sein einzelkaufmännisches
Unternehmen abzuziehen und so die Erfüllung des den Wertpapieren zugrunde liegenden Leistungsversprechens jedenfalls auch von seiner wirtschaftlichen
Situation - über die der Prospekt keine Angaben enthält - abhängig zu machen. Eine derart weitgehende Einflussnahmemöglichkeit musste sich einem durchschnittlichen
(Klein-)Anleger entgegen der Auffassung der Revision ohne weitere Erläuterung im Prospekt nicht erschließen.
32. (b) Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Zulässig-keit nachteiliger Weisungen ergebe sich schon durch einen
Blick in das Gesetz (§ 308 Abs. 1 Satz 2 AktG). Denn allein die Tatsache, dass sich bestimmte, für den Anleger nachteilige Rechtsfolgen aus den einschlägigen Rechtsnormen
ableiten lassen, entbindet die Prospektverantwortlichen grundsätzlich nicht von ihrer Pflicht, den Anleger über alle Umstände sachlich richtig, vollständig und
verständlich zu unterrichten, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können (vgl. zum Hinweis auf das - in § 172 Abs. 4 HGB geregelte -
Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung BGH, Beschluss vom 9. November 2009 - II ZR 16/09, WM 2009, 2387; Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08, BGHZ 189, 45 Rn. 29).
33. (c) Anders als die Revision meint, ändern weder eine wirtschaftliche Be-trachtungsweise des Vertragskonzerns noch die dem
Gläubigerschutz dienen-den konzernrechtlichen Vorschriften der §§ 302, 303, 309, 310 AktG etwas an der Notwendigkeit der Aufklärung hinsichtlich der rechtmäßigen -
aber für das beherrschte Unternehmen nachteiligen - Weisungsmöglichkeiten des § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG. Dabei kann dahinstehen, ob die W. vom Beklagten aus
§ 302 Abs. 1 AktG Ausgleich eines gegebenenfalls infolge derartiger Weisun-gen entstehenden Jahresfehlbetrages verlangen könnte. Unabhängig davon, dass
auch dies im Prospekt nicht beschrieben und einem durchschnittlichen (Klein-)Anleger auch nicht geläufig ist, führt das lediglich dazu, dass die Anlagegesellschaft
einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Beklagten hat, über dessen Bonität der Anleger durch den Prospekt ebenfalls im Unklaren
gelassen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rn. 18) gehört für den Fall, dass die
Anlagegesellschaft im Wesentlichen in eine Beteiligung an einem dritten Unternehmen investiert, die Darstellung des Geschäftsmodells dieses Unternehmens sowie
der damit verbundenen Chancen und Risiken zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen. Zutreffend ist das Beru-fungsgericht davon ausgegangen,
dass im Streitfall, in dem der Anlagegesell-schaft zu ihrem Nachteil durch das beherrschende Unternehmen nach Belieben Liquidität entzogen werden kann,
nichts anderes gilt. Auch hier hätte der Anle-ger sowohl über diese Möglichkeit an sich als auch über Bonität und Ge-schäftsmodell des Beklagten aufgeklärt
werden müssen. Daran fehlt es. Der Prospekt enthält auf Seite 23 zwar den Hinweis auf das allgemeine, mit dem Kauf von Inhaberschuldverschreibungen verbundene Emittentenrisiko.
Das gerade erst durch den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag entstande-ne konkrete Risiko hinsichtlich der Rückzahlung des Anlagebetrages bleibt hin-gegen verborgen.
Es obliegt dabei allein dem Anleger, darüber zu befinden, ob er dieses zusätzliche Risiko, dass ein eventuell bestehender Anspruch der An-lagegesellschaft gegen den Inhaber
des herrschenden Unternehmens aus § 302 AktG - wie hier wegen der Insolvenz des Beklagten - nicht realisiert wer-den kann, eingehen will oder nicht. Dazu muss er im
Prospekt auf dieses über die allgemeinen Risiken einer Inhaberschuldverschreibung hinausgehende Wagnis hingewiesen werden.
34. (d) Soweit die Revision Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese ge-prüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO). Insbesondere
ist die Frage, ob der Prospekt in Bezug auf die nachteiligen Weisungen des Beklagten gegenüber der W. die gesetzlichen Vorgaben des VerkProspG aF und der VerkProspV aF erfüllt,
eine Rechtsfrage, die dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist, so dass dem diesbezüglichen -
ungeeigneten - Beweisangebot nicht nachgegangen zu werden brauchte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - X ZR 153/05, GRUR 2008, 779 Rn. 30, 32). Darüber hinaus
ist es für die Entscheidung unerheblich, ob über die im Prospekt erwähnten Zahlungen hinaus weitere Transaktionen an verbundene Unternehmen geleistet wurden oder ob
der auf Seite 51 des Prospekts abgedruckte Bestätigungsvermerk der mit der Prüfung des Jahresabschlusses der W. befassten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft richtig ist.
35. c) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht den Beklagten als verantwortlichen Prospektveranlasser nach § 13 Abs. 1 VerkProspG aF,
§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF angesehen.
36. aa) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF ist derjenige Prospektver-antwortlicher, von dem der Erlass des Prospekts ausgeht. Darunter werden
die Personen gefasst, die ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission der Wertpapiere haben (vgl. auch BT-Drucks. 13/8933, S. 78) und darauf hin-wirken, dass ein
unrichtiger oder unvollständiger Prospekt veröffentlicht wird (vgl. Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz für das Deutsche Reich, § 46 II b; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz,
Verkaufsprospektgesetz, § 13 Rn. 50; Unzicker, VerkProspG, § 13 Rn. 40; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 6 Rn. 223; Assmann in
Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG - VerkProspG, 2. Aufl., § 13 VerkProspG Rn. 74; Kind in Arndt/Voß, VerkProspG, § 13 Rn. 32; Schwark in Schwark/Zimmer,
Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 45 BörsG Rn. 9). Veranlasser ist, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt.
Durch die Regelung soll eine Lücke bei den Haftungsverpflichteten ge-schlossen werden; insbesondere sollen auch Konzernmuttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden,
wenn eine Konzerntochtergesellschaft Wertpapiere emittiert (BT-Drucks. 13/8933 S. 78; Hamann in Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, §§ 45, 46 aF Rn. 43; Schwark aaO).
37. In Übereinstimmung mit der börsenrechtlichen Veranlasserhaftung hat der Bundesgerichtshof die sogenannte Hintermannhaftung der
bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne entwickelt (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 340 ff.). Nach dieser Rechtsprechung,
die zur Konkretisierung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF herange-zogen werden kann, ist von einer Prospektverantwortlichkeit eines Hinterman-nes unter anderem dann
auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des kon-kreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich
auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist (BGH, Urteile vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 217 ff., vom 7. September 2000 -
VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 127, vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 372/03, WM 2006, 427, 428 und vom 17. November 2011 - III ZR 103/10, WM 2012, 19 Rn. 17 mwN).
Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die
Konzeption des Modells sprechen (BGH, Urteile vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 127 und vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 372/03, WM 2006, 427, 428).
Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des
Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (BGH, Urteile vom 16. November 1978 - II ZR 94/77, BGHZ 72, 382, 388, vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89,
BGHZ 115, 213, 220 und vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 372/03, WM 2006, 427, 428)
38. bb) Nach diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht aufgrund der von ihm verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen im Ergebnis
zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte Prospektverantwortlicher im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF ist.
39. Der Beklagte als einzelkaufmännischer Unternehmer ist "Konzernmutter" der emittierenden W. und damit nach der Gesetzesbegründung
zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz (BT-Drucks. 13/8933 S. 78) unmittelbarer Adres-sat der Veranlasserhaftung. Der Beklagte verfügte über 74% des Stammkapitals
der W. und war durch einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsver-trag begünstigt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat er unstreitig durch Weisungen zu
Zahlungsflüssen unmittelbar in das Geschäft der W. eingegriffen.
40. Damit hatte der Beklagte als Begünstigter des mit der Emittentin bestehenden Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages ein
erhebliches wirt-schaftliches Eigeninteresse an der Einwerbung weiterer Anlegergelder durch die Ausgabe der Inhaberschuldverschreibungen. Dieses Eigeninteresse
gepaart mit seiner gesellschaftsrechtlichen Funktion als Mehrheitsgesellschafter der W. und dem vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten tatsächlichen
Eingreifen in deren Geschäft durch die Erteilung von Weisungen zu Zah-lungsflüssen belegen auch einen beherrschenden Einfluss auf die streitgegen-ständliche
Emission (vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 219 f.). Der vom Berufungsgericht festgestellte beherr-schende Einfluss
des Beklagten lässt den von ihm gezogenen Schluss zu, dass der Prospekt mit Kenntnis und mit dem erforderlichen Einfluss des Beklagten in den Verkehr gebracht
worden ist, mag der Beklagte auch inhaltlich an der Prospektgestaltung nicht beteiligt gewesen sein (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 372/03,
WM 2006, 427, 428; auch BGH, Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 127). Diese Würdigung der Umstände des Einzelfalls durch das
Berufungsgericht ist nicht nur vertretbar, sondern naheliegend. Die von der Revision in diesem Zusammenhang er-hobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und für nicht
durchgreifend er-achtet (§ 564 ZPO). Denn es entspricht dem Vortrag des Beklagten, von seiner Leitungsmacht auch tatsächlich Gebrauch gemacht zu haben. Zudem kann diese
in den Entscheidungsgründen befindliche, dennoch aber tatbestandliche Feststellung gemäß § 314 ZPO (BGH, Urteil vom 29. April 1993 - IX ZR 215/92, NJW 1993, 1851, insoweit
nicht in BGHZ 122, 297 abgedruckt) nach der stän-digen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn nicht zuvor ein Antrag auf
Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO gestellt worden ist (BGH, Urteile vom 11. Januar 2011 - XI ZR 220/08, WM 2011, 309 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 -
I ZR 161/08, NJW 2011, 1513 Rn. 12, jeweils mwN), woran es hier fehlt.
41. d) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht von der Ursächlichkeit des unvollständigen Prospektes für die Anlageentscheidung des Klägers ausgegangen.
42. Gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG aF besteht der Anspruch nach § 44 BörsG aF dann nicht, wenn die Wertpapiere nicht auf Grund des Prospekts erworben wurden. Damit trifft die Darlegungs- und Beweislast fehlender Kausalität den Anspruchsgegner. Dieser ist der Beklagte - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat - nicht nachgekommen; insbesondere hat er weder die seiner Ansicht nach für die
Kaufentscheidung maßgeblichen Motive des Klägers benannt noch Beweis für seine Behauptung fehlender Kausalität angeboten.
43. e) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, der Beklagte habe sich vom Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis der Unvollständigkeit
der Prospektangaben nicht gemäß § 45 Abs. 1 BörsG aF entlastet.
41
42
43
44. aa) Die Rüge der Revision, das Berufungsurteil leide insoweit unter dem absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO, ist schon deswegen
erfolglos, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Anwendungs-bereich des § 547 Nr. 6 ZPO nicht eröffnet ist, wenn ein übergangenes
Verteidigungsmittel zur Abwehr der Klage ungeeignet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1962 - I ZB 27/62, BGHZ 39, 333, 338 f.; Urteile vom 26. Januar 1983 -
IVb ZR 351/81, NJW 1983, 2318, 2320; vom 24. April 1989 - II ZR 208/88, NJW-RR 1989, 856; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99, WM 2000, 2393, 2394; Senatsurteil vom
22. Februar 2005 - XI ZR 359/03, WM 2005, 782, 786). So liegt der Fall hier. Der Vortrag des Beklagten, er sei lediglich Mehr-heitsaktionär der W. gewesen, er
habe Zeitpunkt, Dauer, Höhe und Verzin-sung der Anleihen nicht bestimmt und auch den Inhalt der Verkaufsprospekte und Werbematerialien nicht erarbeiten lassen,
ist unerheblich. Zu den im Prospekt nicht dargestellten negativen Folgen des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages und zur Verantwortlichkeit des Beklagten
als so genannter Hintermann besagt dieser Vortrag nichts.
45. bb) Soweit die Revision darauf verweist, sowohl das erstinstanzliche Ge-richt als auch das Landeskriminalamt und die BaFin hätten die
Fehlerhaftigkeit des Prospekts verneint, schließt das eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beklagten von der Unvollständigkeit des Prospektes nicht aus. Allein die Ansicht
eines in erster Instanz entscheidenden Einzelrichters reicht insoweit nicht aus. Die Prüfung des Landeskriminalamts beschränkte sich auf die straf-rechtliche Verantwortlichkeit
des Beklagten, die Vorsatz voraussetzt, erstreckte sich jedoch nicht auf die hier in Rede stehende - auch grobe Fahrlässigkeit um-fassende - Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG.
Die Billigung des Prospekts durch die BaFin schließlich führt schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil die diesbezügliche Prüfung nach § 8a Abs. 1 VerkProspG aF keine
inhaltliche Richtigkeitsgewähr bot (vgl. Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG - VerkProspG, § 13 VerkProspG Rn. 26 mwN).
46. cc) Im Ergebnis zu Recht ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unterblieben, da die im
nachgereichten Schriftsatz vom 14. Juni 2011 enthaltenen Ausführungen zum mangelnden Verschulden des Beklagten entgegen der Ansicht der Revision unerheblich sind.
Der Beklagte hat vorgetragen, sämtliche rechtlichen Fragen im Zusam-menhang mit der Erstellung des Prospektes seien mit dem Zeugen B. erörtert, teilweise seien rechtliche
Gutachten eingeholt worden. Die rechtlichen Gutachten hätten insbesondere den Umfang und die Art der Risikohinweise im Prospekt betroffen. Dabei sei mit dem Zeugen
insbesondere auch immer wieder die Frage erörtert worden, inwieweit das Bestehen und die Be-deutungen eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages in den
Prospekten darzustellen sei. Hierbei sei der Beklagte - auch gerade im Hinblick auf den Prospektadressaten - dazu beraten worden, dass sich die Bedeutung des
§ 2 Verkaufsprospektgesetzes (gemeint ist wohl § 2 VerkProspV) und die darin normierten Anforderungen nicht auf die "Erteilung von Rechtskundeunterricht" erstreckten.
47. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, das Fehlen grob fahrlässiger Unkennt-nis von der Unvollständigkeit des Prospektes im Sinne von
§ 45 Abs. 1 BörsG aF nachzuweisen. Daraus folgt zunächst, dass dem Beklagten die Problematik einer Erläuterung des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages im Prospekt
sehr wohl bekannt war. Desweiteren spricht die lapidare Aussage, man sei nicht zur "Erteilung von Rechtskundeunterricht" verpflichtet, dafür, dass eine sachgerechte
Aufklärung der Anleger darüber, dass der Beklagte als Begünstigter des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages dem Vorstand der W. nachteilige Weisungen
erteilen konnte, die nur dem Beklagten oder anderen Konzerngesellschaften dienten, und darüber, dass die Abhängigkeit der Rückzahlung des Anlagebetrages von der nicht
offen gelegten Vermögens-lage und dem Geschäftsmodell des Beklagten abhing, nicht ernsthaft beabsich-tigt war. Entgegen dem Vortrag des Beklagten hätte dies auch
nicht erfordert, sämtliche Auswirkungen der "Vorschriften der Unternehmensverträge" zu erläu-tern, sondern lediglich, dem Anleger vor Augen zu führen, dass das
Recht zu nachteiligen Weisungen seinen Rückzahlungsanspruch gefährdet. Dies wäre in wenigen Worten möglich gewesen. Danach spricht alles dafür, dass es bei der
Beauftragung des Zeugen lediglich darum ging, Haftungsrisiken zu vermeiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt das Bemühen, Informationsmaterial
mit Hilfe eines Rechtsanwalts den Anforderungen der Recht-sprechung anzupassen, selbst Vorsatz nicht entfallen, wenn dies nicht in der Absicht geschieht, Anleger
sachgerecht aufzuklären, sondern Haftungsrisiken zu verringern, ohne die Anleger sachgerecht aufzuklären (Senatsurteile vom 26. Januar 2004 - XI ZR 211/03,
WM 2005, 27 f. und vom 22. November 2005 - XI ZR 76/05, WM 2006, 84, 87, jeweils mwN).
48. 3. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht gem. § 46 BörsG aF verjährt. Das Berufungsgericht stellt (vor dem Hintergrund der Anhängigkeit der
Klage am 11. Januar 2007) rechtsfehlerfrei fest, es sei nicht ersichtlich, dass der Klä-ger bereits am 11. Januar 2006 positive Kenntnis von der Unvollständigkeit des Prospekts
hatte. Die dagegen von der Revision geführten Einwände greifen nicht durch. Soweit geltend gemacht wird, der unterbliebene Hinweis auf die Folgen des Gewinnabführungs- und
Beherrschungsvertrages mit dem Beklag-ten sei bei sorgfältiger Lektüre des Prospekts und damit bereits bei Erwerb der Schuldverschreibungen im April 2005 offensichtlich gewesen,
führt dies schon deshalb nicht zur Kenntnis des Klägers von einem Prospektmangel, weil die bloße Erwähnung der Existenz eines derartigen Vertrages einem durchschnittlichen Anleger -
wie dargelegt - gerade nicht auch die Kenntnis des Rechts des herrschenden Unternehmens zu nachteiligen Weisungen vermittelt. Außerdem wäre zusätzlich auch die Kenntnis
der Vermögenslage und des Geschäftsmodells des Beklagten erforderlich gewesen, die der Prospekt dem Kläger eben-falls nicht verschafft.
Wiechers