2019-01-09
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in Auszügen
Az.: 2 W 7/87
vom 20. April 1988
hat ....
......... Die Antragstellerin verlangt mit ihrer Klage, die Antragsgegner zu verpflichten, zwei in dem zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Garten der Wohnanlage an der Westgrenze des Grundstücks aufgestellte, etwa 20 und 25 cm große Gartenzwerge als Symbole der Engstirnigkeit und Dummheit zu entfernen. AG und LG haben diese Klage abgewiesen ........
Entscheidungsgründe:...... Nach der Auffassung des Senats steht der Antragstellerin ein Anspruch auf Entfernung der Gartenzwerge zu, und zwar gegenüber allen Antragsgegnern. Indem diese dem Begehren der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren entgegengetreten sind, haben sie als Wohnungseigentümer und Verwalter zur Aufrechterhaltung des zunächst von einer einzelnen Wohnungseigentümerin geschaffenen störenden Zustands beigetragen.
a) Die Antragstellerin kann sich auf mehrere Anspruchsgrundlagen stützen (vgl. Bärmann-Pick-Merle, WEG, 6. Aufl., § 13 Rdnrn. 167, 187, 193; Augustin in RGRK, BGB 12. Auflage, § 15 WEG Rdnr. 30). Gemäss § 15 III WEG kann sie als Wohnungseigentümerin einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit die Regelung hieraus nicht folgt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Ferner kann sie gem. §§ 1004 I, 1011 BGB bei Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes vom Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen deren Unterlassung verlangen. Die Verpflichtungen der Antragsgegner gemäß diesen Bestimmungen finden ihre Begrenzung in den - zugleich § 1004 II BGB konkretisierenden - Vorschriften von §§ 13 II 1, 14 Nr. 1, 3 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer ... zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums in solcher Weise berechtigt ist, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (§ 14 Nr. 1 WEG); in diesem beschränkten Ausmaß haben die anderen Wohnungseigentümer ............. Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden (§ 14 Nr. 3 WEG). Ob es sich bei der Einwirkung auf das gemeinschaftliche Eigentum - vorliegend der Aufstellung von Gartenzwergen - um bauliche Veränderungen oder nur um eine sonstige Einwirkung handelt, bedarf dabei keiner Entscheidung, weil auch bauliche Veränderungen hinzunehmen sind, sofern sie das in § 14 Nr. 1, 3 WEG bezeichnete Maß nicht überschreiten, wie § 22 I 2 WEG zeigt (vgl. KG, OLGZ 1987, 410 (412)) .
b) Mit der Aufstellung der Gartenzwerge und deren Aufrechterhaltung
durch die Antragsgegner ist die durch § 14 Nr. 1, 3 WEG gezogene
Grenze
überschritten.
Es kann offenbleiben, ob damit eine Frage berührt wird, die grundsätzlich der tatrichterlichen
Würdigung zu überlassen ist (vergl. BayObLG ZMR 1985, 420 und 1986, 452 sowie NJW-RR 1987, 202).
Indem das AG und ihm folgend das LG
ihre Beurteilung am Vorliegen einer schwerwiegenden Beeinträchtigung
ausgerichtet haben, ist ein mit der dargestellten Rechtslage nicht übereinstimmendes
Abgrenzungsmerkmal maßgeblich geworden, dessen Verwendung auch die
etwa erforderliche Ausübung des Ermessens gem. § 15 III WEG als
fehlerhaft erscheinen läßt. Da der Sachverhalt unter Berücksichtigung
der vorgelegten Fotos keiner weiteren Klärung bedarf, gestattet die
fehlerhafte Sachbehandlung in den Tatsacheninstanzen dem Senat jedenfalls,
den Fall auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen abschließend
und ohne Beschränkung auf eine rechtliche Überprüfung zu
entscheiden (§ 27 S. 2 FGG, § 563 ZPO; zur Entbehrlichkeit des
Augenscheins bei Vorliegen von Fotos BayObLG, NJW-RR 1987, 202). Mit den
§§ 13 II 1, 14 Nr. 1, 3, 15 III WEG ist für das Verhältnis
der Wohnungseigentümer untereinander eine Regelung getroffen worden,
die dem einzelnen Wohnungseigentümer i. S. eines intensiven Nachbarschaftsverhältnisses
Verpflichtungen zur Einschränkung seines Mitgebrauchs auferlegt, die
über die nachbarrechtlichen Beziehungen unter Eigentümern selbständiger
Grundstücke hinausgehen (Bärmann-Pick-Merle, WEG, § 14 Rdnr.
32). Zu vermeiden im Sinne einer Verpflichtung zu gegenseitiger
Rücksichtnahme ist jede nicht ganz unerhebliche oder geringfügige
Beeinträchtigung. Dabei sind auch nicht ganz unerhebliche architektonische
Veränderungen oder nicht ganz geringfügige Beeinträchtigungen
des optischen Gesamteindrucks im Sinne einer Störung der Harmonie
oder einer ästhetischen Beeinträchtigung von Bedeutung (vgl.
BayObLG, Rpfleger 1982, 219;...... Bärmann-Pick-Merle, WEG, §
22 Rdnrn. 34, 54, 62). Unter diesen Gesichtspunkten sind das Kinderspielen
im Garten, ein gelegentliches Hausfest im Hof (zu beiden Augustin,
in: RGRK, § 14 WEG Rdnr. 4 f.), optisch unauffällige bauliche
Veränderungen (OLG Köln, NJW 1981, 585) oder vielleicht
auch ein Kinderhaus im Garten akzeptiert worden, während gelegentliches
Grillen im Garten (Augustin, in: RGRK, § 14 Rdnr. 4), Ballspielen
auf dem Rasen (OLG Düsseldorf, DWE 1986, 64), das Aufstellen
von Rädern, Rollern, Kinderwagen, Kisten in Hausgängen usw. (Augustin in RGRK, sect; 13 Rdnr. 6)
und eines Oldtimers auf einer zu einer Eigentumswohnung gehörenden Terasse im Garten
(BayObLG, MDR 1981, 937) sowie von Gartenhütten ( ... ) soweie eine sachlich nicht
gebotene Gartenumgestaltung (BayObLGZ 1975, 201 [206f.])
als Überschreitung von § 14 Nrn. 1, 3 WEG bewertet wordensind.
Bei der rechtlichen Würdigung der Aufstellung von Gartenzwergen
helfen diese Beispiele nur eingeschränkt. Immerhin
fehlt bei ihr ein sozialer Bezug zum Leben der Wohnungseigentümergemeinschaft
wie bei den für die Wahrung der in § 14 Nrn. 1, 3 WEG gezogenen
Grenze genannten Fällen. Sie dient auch keinem ästhetischen
Gesichtspunkten etwa überzuordnenden praktischen Zweck. (vgl. hierzu Röll, in: MünchKomm, BGB,
2. Aufl., § 22 WEG Rdnrn. 15, 21) und bedeutet auch wegen der Aufstellung
in der Zeit von Frühjahr bis Herbst an gleicher Stelle keinen nur
vorübergehenden Gebrauch des Gartens. Wie die bei den Akten befindlichen
Fotos zeigen, fallen die Gartenzwerge trotz ihrer geringen Abmessungen
durch ihre leuchtend rote Zipfelmütze im sie umgebenden Grün
des Gartens auf und können auch von der an der Grenze verlaufenden
Straße her eingesehen werden.
Mag all dies noch Raum für Zweifel
an der Überschreitung des zulässigen Gebrauchs gem. § 14
Nrn. 1, 3 WEG lassen, so muß letztlich den Ausschlag geben, daß
die Aufstellung von Gartenzwergen - anders als etwa die von ähnlich
kleinen Objekten wie Vogeltränken oder einer kleinen Tierplastik -
allgemein durchaus gegensätzlicher Beurteilung insbesondere im ästhetischen
Bereich unterliegt, die nicht wenige Menschen in ihren Gefühlen
berührt und geradezu ideologisch überfrachtet sein
kann, wie das vorliegende Verfahren zeigt. Während die einen in der
Aufstellung von Gartenzwergen den Ausdruck von Beschränktheit und
das Zeichen eines schlechten Geschmacks sehen, sind die anderen zu mildem
Urteil und humorvoller Duldung einer in einer langen Tradition begründeten
Einrichtung geneigt. Das zeigen die Zitate des AG aus dem bei ihm angeführten
literarischen Werk über Gartenzwerge, in denen allerdings auch auf
die Gefahr ihres Herabsinkens zu einem billigen Scherzartikel hingewiesen
wird. Wird die zuerst genannte Betrachtungsweise bevorzugt, so bestehen
keine Zweifel, daß es sich bei der Aufstellung der Gartenzwerge um
eine nicht nur ganz unerhebliche Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks
der Wohnanlage handelt, die sogar Einfluß auf den einen oder anderen
Kaufinteressenten für eine Eigentumswohnung haben kann. Folgt man dem weniger strengen
Urteil, so wird es vielleicht an einer erheblichen Beeinträchtigung fehlen.
Es kann nicht Aufgabe der Gerichte sein, in dieser vorwiegend ästhetischen
Kontroverse ein Urteil zu fällen (vgl. OLG Zweibrücken, NJW-RR
1987, 1358 = ZMR 1987, 435). Vielmehr ist entscheidend, daß die
umstrittene
Aufstellung der Gartenzwerge bei nicht wenigen Menschen den bezeichneten
Anstoß erregt und deshalb letztlich zu einer nicht ganz unerheblichen
Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage geeignet
ist. Es kann unter diesen Umständen nicht die Rede davon sein,
daß die durch die Aufstellung der Gartenzwerge bewirkte Veränderung
des optischen Bildes sich in keiner Weise negativ auswirkt.........