2019-02-22
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AW
Der 1. Inkassostelle steht gegenüber der Zahlstelle ein Schadensersatzanspruch zu, wenn der Lastschriftschuldner zum Widerspruch der Belastungsbuchung aus eigennützigen Gründen gedrängt wird. Voraussetzung ist indes, dass der 1. Inkassostelle überhaupt ein Schaden entstanden ist. (Leitsatz Dr. Dietmar Beining)
Saarländisches Oberlandesgericht 8 U 694/03 vom 2004-10-28;
1. Instanz: LG Saarbrücken 4 O 219/02 vom 2003-11-06
8 U 694/03
8 U 84/04
LG Saarbrücken 4 O 219/02
Verkündet am:
28. Oktober 2004
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 6. November 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 4 O 219/02 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten (hinsichtlich der Kosten) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,00 Euro.
A. Die Klägerin macht als erste Inkassostelle gegen die Beklagte als Zahlstelle Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche geltend, weil diese ihren Kunden M. AG zur missbräuchlichen Ausübung des Widerspruchsrechts im Lastschriftverfahren gedrängt und der Klägerin dadurch Schaden zugefügt habe, im Übrigen auch eine wirksame Anfechtung bzw. ein Widerruf des in Rede stehenden Widerspruchs vom 12.04.2002 seitens des Kunden gegeben sei.
Am 05. und 08.04.2002 reichte die Firma A. GmbH, die Kundin der Klägerin und deren Geschäftsführer W. zugleich Vorstand der M. AG war, Lastschriften mit Einzugsermächtigung der M. AG in Höhe von insgesamt 2.917.149,00 Euro bei der Klägerin ein, die die Beträge dem debitorischen Konto ihrer Kundin A. GmbH gutschrieb und die Lastschriften an die Beklagte weitergab, welche das Konto der M. AG belastete. Auf die gleiche Weise wurde mit weiteren Lastschriften im Gesamtbetrag von 3.187.159,80 Euro verfahren.
Ebenfalls im April 2002 hatte die M. AG der Beklagten Schecks der A. GmbH in Höhe von insgesamt 6.102.412,04 Euro übergeben, die diese der Klägerin zur Einlösung übersandte.
Diesen Zahlungsvorgängen lagen keine tatsächlichen Geschäfte zugrunde, vielmehr versuchten die beiden Firmen im Wege der sogenannten Scheck- und Lastschriftreiterei Liquidität vorzutäuschen, worüber der Zeuge W. nach seinen Angaben nicht informiert war.
Als dieser Hintergrund von der Beklagten aufgedeckt und die Klägerin informiert wurde, gab diese die Schecks uneingelöst an die Beklagte zurück, welche ihrerseits Lastschriften im Umfang von 3.187.010,80 Euro mangels Deckung fristgerecht an die Klägerin zurückgab. Da hinsichtlich der restlichen Lastschriften in Höhe von 2.917.149,00 Euro eine Rückgabe mangels Deckung wegen Verfristung nicht mehr möglich war, kam es am 12.04.2002 auf Veranlassung der Beklagten zu einem Gespräch zwischen dem Sachbearbeiter der Beklagten, dem Zeugen P., dem Zeugen W. sowie dem Aufsichtsratsvorsitzenden der M. AG, dem Zeugen K., in dessen - ansonsten streitigem - Verlauf der Zeuge W. schriftlich den Widerspruch gegen die Einlösung der restlichen Lastschriften erklärte. Unter Berufung hierauf wurden auch diese Lastschriften dann an die Klägerin zurückgegeben.
Diesen Widerspruch hat der Zeuge W. mit Schreiben vom 23.04.2002 (Bl. 5/6 d.A.) gegenüber der Beklagten angefochten und vorsorglich auch den Widerruf erklärt, da er von dem Zeugen P. getäuscht worden sei.
In der Folgezeit sind beide Firmen in Insolvenz gefallen, so dass die Klägerin, die nach der fraglichen Gutschrifterteilung keine zusätzlichen Kredite an die A. GmbH mehr bewilligt hat, mit ihren Forderungen gegen diese ausgefallen ist.
Durch das angefochtene Urteil (Bl. 77-86 d.A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Einzelnen ausgeführt, die Anfechtung des Widerspruchs sei unwirksam, da es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits an einem Anfechtungsgrund fehle. Es sei nicht erwiesen, dass der Zeuge P. - wie behauptet - über die Einhaltung der Kreditlinie der A. GmbH bei der Klägerin getäuscht habe; auch seine Angaben gegenüber der M. AG, dass es sich angesichts der gleiche Höhe der wechselseitigen Schecks und Lastschriften unter den Parteien um ein "Nullsummenspiel" handele, sei zutreffend und gebe die eintretenden Folgen korrekt wieder. Unabhängig davon beruhe der Widerspruch nach den Zeugenaussagen in erster Linie auf der dringenden Aufforderung seitens des Zeugen K..
Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 826 BGB nicht vor, ebenso wenig die - im Wesentlichen deckungsgleichen - eines Anspruchs aus pVV des Lastschriftabkommens. Schon deshalb, weil den in Rede stehenden Belastungen keine Forderungen zugrunde gelegen hätten, sei die Ausübung des Widerspruchsrechts nicht missbräuchlich. Im Übrigen sei der fragliche Widerspruch und seine Veranlassung durch die Beklagte auch insofern aus anerkennenswerten Gründen erfolgt, als dies der gerechten Bereinigung der von den beteiligten Firmen geschaffenen Situation gedient habe. Es sei hingegen nicht gerechtfertigt, wenn die Klägerin den sich nach Aufdeckung der Manipulationen für sie ergebenden rein formalen Vorteil der unterschiedlichen Rückgabefristen für Schecks und Lastschriften für sich ausnutze, zumal es die Beklagte gewesen sei, die die Sache aufgedeckt und dadurch weiteren Schaden verhindert habe. Schließlich habe die Klägerin auch nicht substantiiert und nachvollziehbar dargetan, dass sie unabhängig von der gegenseitigen Rückgabe von Schecks und Lastschriften einen wirtschaftlichen Schaden erlitten habe.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die die Klageforderung weiterverfolgt. Sie hält die Anfechtung des Widerspruchs nach wie vor für wirksam und die Klage schon deshalb - unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten - für begründet. Es lägen sowohl Täuschung als auch Drohung vor. Insbesondere sei der Zeuge W. darüber getäuscht worden, dass der Klägerin kein Schaden entstehe.
Auch die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien begründet, da es missbräuchlich und sittenwidrig sei - im Übrigen auch gegen das Lastschriftabkommen verstoße -, wenn die Schuldnerbank - wie hier - im eigenen Interesse den Schuldner zum Widerspruch animiere, um sich selbst daraus Vorteile zu verschaffen, indem auf diese Weise das Risiko eines finanziellen Ausfalls wegen - drohender - Insolvenz der beteiligten Firmen auf die Gläubigerbank abgewälzt werde. "Anerkennenswerte Gründe" für den Widerspruch spielten im Verhältnis zur Gläubigerbank keine Rolle und seien im Übrigen selbst insoweit nicht gegeben, als es um eine vermeintlich gerechte Bereinigung der Situation gegangen sei. Denn - so trägt die Klägerin nunmehr erstmals vor - die vom Erstrichter angenommene Scheck- und Lastschriftreiterei habe sich nicht auf die streitgegenständlichen Vorgänge von April 2002 beschränkt. Mithin sei es ebenso wahrscheinlich und möglich, dass die von der Klägerin an die Beklagte zurückgegebenen Schecks zur Abdeckung später einzureichender Lastschriften gedacht gewesen seien.
Die Klägerin habe einen Schaden in Höhe der Klageforderung bereits durch den Entzug der erhaltenen Zahlungen aus den Lastschriften erlitten sowie durch den insolvenzbedingten Ausfall ihres Rückforderungsanspruches gegen die A. GmbH. Dies habe der Zeuge W. auch bestätigt. Damit sei ihr eine Vermögensposition entzogen worden, die ihr ohne das sittenwidrige Handeln der Beklagten endgültig verblieben wäre. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte selbst nicht mehr habe widersprechen können und die M. AG ohne Beeinflussung durch die Beklagte von ihrem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte, seien die Gutschriften wegen der in Rede stehenden Lastschriften bereits endgültig in ihr Vermögen übergegangen gewesen.
Die Klägerin beantragt (Bl. 147, 218 d.A.),
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.917.149,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen von der Deutschen Bundesbank bekannt gegebenen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung eines gleich hohen Zahlungsanspruchs der Klägerin gegen die Firma A. M. GmbH, ,.
Die Beklagte beantragt (Bl. 106, 218 d.A.),
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens.
Soweit die Klägerin nunmehr eine Veranlassung des Widerspruchs der Lastschriften auch durch Drohung seitens der Beklagten behauptet, ist diese der Ansicht, schon mangels Anfechtungserklärung scheide dieser Tatbestand aus, da eine Anfechtung wegen Drohung nie erfolgt sei.
Der Annahme eines missbräuchlichen Verhaltens im Zusammenhang mit dem fraglichen Widerspruch stehe schon entgegen, dass den Lastschriften keine Forderungen zugrunde gelegen hätten; auch habe die Beklagte die Lastschriftreiterei vor Einreichung der Lastschriften nicht gekannt. Im Übrigen sei das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass mit dem Widerspruch lediglich der Status Quo ante wieder hergestellt worden sei. Der - völlig unsubstantiierte - abweichende Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz werde bestritten und könne als neu aufgestellte Behauptung auch nicht mehr zugelassen werden.
Ein ersatzfähiger Schaden sei nicht dargetan, da ein solcher nicht durch die bloße Verrechnung des gutgeschriebenen Betrages auf dem debitorischen Konto der A. GmbH begründet werden könne. Die Gutschrift sei nur vorläufig gewesen, ebenso die damit einhergegangene Rückführung des Kredits der A. GmbH bei der Klägerin. Mithin habe es sich insoweit lediglich um einen bloßen Vorteil der Klägerin gehandelt, auf den sie noch keinen Anspruch gehabt und der sich dann eben nicht realisiert habe.
Bezüglich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 30.09.2004 (Bl. 217-219 d.A.) Bezug genommen.
B. Die Berufung der Klägerin ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer kausalen Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
1. Soweit der Erstrichter einen Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte schon mangels wirksamer Anfechtung bzw. Widerrufs des die Grundlage der streitgegenständlichen Lastschriftrückgabe und Rückbelastung bildenden, für die beteiligten Banken verbindlichen (vgl. BGH NJW 1979, 1652; 2145; NJW 1985, 2326) Widerspruchs vom 12.04.2002 verneint hat, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen.
a) Zutreffend ist das Landgericht von einer Unbeachtlichkeit des mit Schreiben der M. AG vom 23.04.2002 (Bl. 5/6 d.A.) zugleich und vorsorglich erfolgten Widerrufs dieses Widerspruchs ausgegangen. Insoweit ist anerkannt, dass ein Widerspruch im Rahmen des Lastschriftverfahrens unwiderruflich ist (vgl. BGH NJW 1989, 1672).
b) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Erstrichter die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht für erwiesen erachtet hat. Dass der Zeuge P. den Zeugen W. bei Veranlassung des Widerspruchs keinesfalls über die Einhaltung der Kreditlinie der A. GmbH bei der Klägerin getäuscht hat - wie dies in dem Anfechtungsschreiben sowie der Klageschrift als zentrale Begründung angeführt ist -, kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach diese Kreditlinie überhaupt kein Thema war, nicht zweifelhaft sein; die Klägerin verfolgt diese Darstellung angesichts des eindeutigen Beweisergebnisses auch gar nicht mehr weiter. Soweit sie eine arglistige Täuschung des Zeugen W. durch den Zeugen P. nunmehr daraus herleiten will, dass im Ergebnis jedenfalls über eine Benachteiligung der Klägerin durch die fragliche Aktion getäuscht worden sei, kann auch eine solche Täuschung nach Auffassung des Senats nicht festgestellt werden. Sie ergibt sich nicht einmal aus der Aussage des angeblich Getäuschten. Denn auch bei Zugrundelegung der Bekundung des Zeugen W. kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Hinweis des Zeugen P., keine der beteiligten Banken habe durch die Rücknahme der Lastschriften einen Vor- oder Nachteil, isoliert erfolgt ist; dieser Hinweis ist - auch nach der Zeugenaussage W. - vielmehr damit begründet worden, dass mit der Rückgabe der fraglichen Lastschriften der alte Zustand vor der Scheck-/Lastschriftreiterei wieder hergestellt werde, da sich insgesamt die damit im Zusammenhang stehenden wechselseitigen Zahlungsvorgänge ausgleichen würden. Damit ist hinreichend zum Ausdruck gebracht worden, dass bei einer "Gesamtschau" die Lastschriftrückgabe zu einem ausgeglichenen Ergebnis in Bezug auf die Scheck-/Lastschriftreiterei führt, wiewohl die Rückgabe naturgemäß unmittelbar eine Erhöhung des Soll-Saldos der A. GmbH zur Folge hat. Demgemäß hat dies auch der Zeuge K. nach eigener Bekundung in diesem Sinne verstanden. Das abweichende Verständnis des Zeugen W., der sich darüber getäuscht fühlte, dass die Klägerin "am Ende auf einem so hohen Betrag sitzen geblieben" sei, beruht folglich nicht auf einer Täuschung, sondern allenfalls auf einem Missverständnis des Zeugen, für das der Zeuge P. nicht verantwortlich ist.
Schließlich ist auch eine Täuschung über die Wiederherstellung des Status Quo ante als Ergebnis der Lastschriftrückgabe nicht nachgewiesen. Denn der Erstrichter ist mit Recht von einer Beschränkung der Scheck-/Lastschriftreiterei auf den Zeitraum April 2002 sowie die streitgegenständlichen Zahlungsvorgänge in Höhe von 6.102.412,04 Euro (Schecks) und 6.104.308,80 Euro (Lastschriften) - mithin von einer zutreffenden Darstellung des Zeugen P. - ausgegangen, nachdem die Klägerin dem diesbezüglichen dezidierten Vorbringen der Beklagten in erster Instanz nicht substantiiert entgegengetreten ist. Soweit sie nunmehr Abweichendes vorträgt, kann sie damit nicht mehr gehört werden, da nicht dargetan ist, dass sie es ohne Nachlässigkeit versäumt hat, dies bereits im ersten Rechtszug vorzutragen (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Unabhängig davon sind alle Beteiligten bei dem Gespräch vom 12.04.2002 erklärtermaßen von einem "Nullsummenspiel" ausgegangen, so dass es insoweit jedenfalls auch an dem erforderlichen Nachweis eines Täuschungswillens des Zeugen P. fehlen würde.
c) Auf angebliche Drohungen des Zeugen P. anlässlich des Gespräches vom 12.04.2002 kann die Anfechtung nicht mehr gestützt werden. Denn die Anfechtung vom 23.04.2002 ist ersichtlich nur wegen arglistiger Täuschung erfolgt; als solche kann sie unter Umständen eine Anfechtung wegen Irrtums mit umfassen, nicht aber eine Anfechtung wegen Drohung (vgl. Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., Rn. 3 zu § 143 BGB, m.w.N.). Ob eine nachträglich erklärte Anfechtung wegen Drohung anzunehmen ist, kann dahinstehen, da sie offenkundig verfristet wäre, § 124 Abs. 1, 2 BGB. Nach Fristablauf können im Übrigen auch in Bezug auf die ursprüngliche Anfechtung keine neuen Gründe nachgeschoben werden (Palandt-Heinrichs, a.a.O., m.w.N.).
2. Soweit das Landgericht ferner Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung bzw. Veranlassung des Widerspruches vom 12.04.2002 - aus § 826 BGB sowie aus pVV des Lastschriftabkommens - abgelehnt hat, ist auch dies im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der Senat hält mit dem OLG Hamm (OLGR 1998, 271 ff., m.w.N.) und dem OLG Naumburg (WM 2003, 433 ff., m.w.N.) zwar dafür, im Falle einer - ausweislich des unstreitigen Tatbestandes der angefochtenen Entscheidung vorliegend gegebenen - Lastschriftreiterei einen Schadensersatzanspruch der Gläubigerbank (Erste Inkassostelle) gegen die Schuldnerbank (Zahlstelle) gemäß § 826 BGB bzw. aus pVV des Lastschriftabkommens wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung der Widerspruchsmöglichkeit grundsätzlich zu bejahen, wenn die Schuldnerbank im eigenen Interesse den Schuldner zum Widerspruch animiert, um sich dadurch selbst Vorteile daraus zu verschaffen, dass das mit der Lastschriftreiterei im Zusammenhang stehende Insolvenzrisiko hinsichtlich des Lastschriftgläubigers durch anschließende Rückgabe der Lastschriften auf die Gläubigerbank verlagert wird. Insbesondere steht dem entgegen der Ansicht der Beklagten nicht der Umstand entgegen, dass der Widerspruch im Verhältnis zum Lastschriftgläubiger nicht missbräuchlich ist, weil der Zahlung kein reales Geschäft zugrunde liegt, die Vereinbarung der Lastschriftreiterei außerdem nichtig ist. Denn im Verhältnis zur Gläubigerbank hat eine eigenständige Beurteilung des Widerspruchs zu erfolgen (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Seite 272 a.E., unter Verweis auf BGH NJW 1979, 2145/2146 = WM 1979, 828/829). Darüber hinaus kommt es für diesen Schadensersatzanspruch auch nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Schuldnerbank von der Lastschriftreiterei an. Denn eine Kenntnis erst nach Belastung des Kontos entlastet die Schuldnerbank nur bei passivem Verhalten; hingegen knüpft der Vorwurf der Sittenwidrigkeit bei aktivem Tun der Schuldnerbank unmittelbar an dieses an (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Seite 273/274).
Der Senat teilt darüber hinaus auch nicht die Ansicht des Erstrichters, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheitere vorliegend schon deshalb, weil der Beklagten mit ihrem Anliegen einer gerechten Situationsbereinigung "anerkennenswerte Gründe" zuzubilligen seien. Abgesehen davon, dass es der Beklagten bei Lichte besehen zuvörderst um die Rückführung des Minus-Saldos ihres Kunden M. AG ging, mithin eigennützige Motive im Vordergrund standen, würde auch eine mit dem Widerspruch angestrebte Gleichbehandlung der Gläubiger nach der Rechtsprechung keinen anerkennenswerten Grund darstellen (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 2001, 1206/1207 m.w.N.).
Im Ergebnis kann es der Senat indessen offen lassen, ob die genannten Handlungskriterien der Rechtsprechung zur Bejahung des § 826 BGB hier zu bejahen sind, da der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in jedem Fall auch davon abhängt, dass die Klägerin durch den Widerspruch vom 12.04.2002 Schaden erlitten hat.
Ein solcher ersatzfähiger Schaden ist seitens der Klägerin indessen nicht dargetan. Er wäre zwar zu bejahen, wenn der Gläubiger A. GmbH über den zunächst gutgeschriebenen Betrag vor Einlegung des Widerspruchs verfügt hätte und alsdann zur Rückzahlung nicht mehr in der Lage gewesen wäre (vgl. BGH NJW 1979, 2146/2147; NJW 1983, 220/222). Dies war vorliegend aber unstreitig nicht der Fall. Auch ein "Drittzugriff" auf die - vorläufige - Gutschrift vor Widerspruch wird seitens der Klägerin nicht substantiiert behauptet, worauf schon der Erstrichter mit Recht hingewiesen hat, ohne dass sich hieran in der Berufungsinstanz etwas geändert hätte.
Soweit ein Schaden der Gläubigerbank ferner vorliegen würde, wenn dieser durch die Rückgängigmachung der Lastschrift-Gutschriften die Zugriffsmasse für in gleichem Zusammenhang eingelöste Schecks entzogen worden wäre (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Seite 274), liegen auch diese Voraussetzungen hier nicht vor. Denn es ist unstreitig, dass die Klägerin ihrerseits Schecks in Höhe von 6.102.412,04 Euro zurückgegeben hat, ohne dass weiter dargetan wäre, dass darüber hinaus noch - eingelöste - Schecks existierten, denen dadurch die Zugriffsmasse entzogen worden wäre.
Hingegen verursacht der Widerspruch nach allgemeiner Meinung dann noch keinen Schaden der Gläubigerbank, wenn der eingezogene Betrag zuvor lediglich mit einem Debet des Lastschriftgläubigers verrechnet worden ist (vgl. BGH NJW 1979, 2146/2147; NJW 1983, 220/222; OLG Hamm, a.a.O., Seite 274; Staudinger, Bearbeitung 2003, Rn. 261 zu § 826 BGB; Canaris, BankvertragsR, 2. Bearbeitung, Rn. 608; Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., Rn. 19 vor § 249 BGB sowie Rn. 30 zu § 676 f. BGB; Bauer WM 1981, 1186/1199). Der Widerspruch verpflichtet zwar die Gläubigerbank, die Lastschriften von der Schuldnerbank zurückzunehmen und ihr den entsprechenden Betrag wieder zu vergüten. Gleichzeitig hat die Gläubigerbank aber auch einen Anspruch gegen ihren Kunden auf Rückbelastung der bei Lastschrifteinreichung ursprünglich gutgeschriebenen Beträge erlangt. Dass diese Forderungen infolge Insolvenz ihres Kunden uneinbringlich sind, führt deshalb noch keinen Schaden der Gläubigerbank herbei, weil diese durch die bloße Gutschrift der Lastschriftbeträge auf dem Konto ihres Kunden noch nichts aus ihrem Vermögen weggegeben hatte. Vielmehr steht die Gutschrift unter dem Vorbehalt des Widerspruchs des Schuldners, so dass die Gläubigerbank sie bei einem Widerspruch ohne weiteres wieder rückgängig machen kann. Die Wiedervergütung an die Schuldnerbank wäre dann nur das Gegenstück zur vorläufigen Gutschrift durch die Gläubigerbank, so dass letztere nur einen Betrag zurückzahlen würde, der ihr endgültig noch gar nicht zugestanden hätte (BGH, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.).
So liegt der Fall auch hier. Denn die in Rede stehenden Gutschriften aus den Lastschriften sind unstreitig ausschließlich zur Verrechnung auf dem debitorischen Konto der A. GmbH verwandt worden und im "Rücklauf" (Abwicklung auf dem "umgekehrten Inkassoweg") wieder rückbelastet worden. Dadurch, dass die Klägerin mit dem gesamten Debet-Saldo gegen die A. GmbH wegen der später eingetretenen Insolvenz ihrer Kundin ausgefallen ist, hat sich letztlich nur das Risiko verwirklicht, das die Klägerin mit der Einführung des Lastschriftverfahrens und der Zulassung der beteiligten Firmen zu diesem Verfahren auf sich genommen hat und das dem notwendigen Schuldnerschutz im Einzugsermächtigungsverfahren Rechnung trägt (vgl. Bauer, a.a.O., Seite 1197, m.w.N.).
Soweit die Klägerin diese Rechtsprechung demgegenüber im vorliegenden Fall deshalb nicht für einschlägig hält, weil der "Rücklauf" auf einem "unfreiwilligen" Widerspruch der M. AG - die ansonsten nicht widerrufen hätte - beruhe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Reicht der Gläubiger bei der ersten Inkassostelle eine Lastschrift ein, so gehen alle Beteiligten davon aus, dass der Zahlungsvorgang nur und erst dann abgeschlossen ist, wenn der Zahlungspflichtige der Kontobelastung nicht binnen 6 Wochen widerspricht. ( Siehe hierzu meine Anmerkung am Ende) Erst in diesem Zeitpunkt hat der Gläubiger eine Rechtsstellung erlangt, aufgrund der er den ihm gutgeschriebenen Betrag endgültig behalten darf. Solange noch die - auch nur theoretische - Möglichkeit besteht, dass die Lastschrift von der Zahlstelle wieder zurückgegeben werden kann, will die Gläubigerbank für den Gläubiger erkennbar noch nichts aus ihrem Vermögen weggeben (Bauer, a.a.O., Seite 1193, m.w.N.). Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn sich die M. AG vorliegend den übrigen Beteiligten gegenüber dahin verbindlich erklärt hätte, den Lastschriften nicht zu widersprechen, und damit eine abweichende Vereinbarung zur "Vorläufigkeit" des Zahlungsvorgangs getroffen worden wäre. Ein solches wird indessen von der Klägerin nicht behauptet. Das unstreitige Fehlen eines eigenen Widerspruchswillens bzw. einer entsprechenden Absicht der M. AG ist in diesem Zusammenhang hingegen unbeachtlich, da es für die anderen Beteiligten letztlich erst nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist erkennbar werden konnte.
Hat es mithin im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Lastschriften keine endgültigen Vermögensverfügungen der Klägerin gegeben, kann von einem eingetretenen, ersatzfähigen Schaden der Klägerin auch im vorliegenden Fall noch nicht gesprochen werden. Denn bei der dargelegten Sachlage ist ein Schaden schließlich auch nicht in der Verhinderung der Endgültigkeit der in Rede stehenden (Lastschrift-)Zahlungsvorgänge infolge des Widerspruchs vom 12.04.2002 zu sehen. Bis zum Ablauf der Sechs-Wochen-Frist war es nach dem Lastschriftabkommen nicht mehr als eine Chance, dass die Lastschrift-Gutschriften und die damit einhergehende Rückführung des Debet-Saldos der A. GmbH "bestandskräftig" werden. Auch die Klägerin hatte hier keinen Anlass, von etwas anderem auszugehen. Der bloße Verlust dieses Vorteils, den die Klägerin erkennbar nicht beanspruchen konnte, ist kein selbständiger Vermögensschaden. Erst wenn - wie hier nicht - ein Anspruch oder eine rechtlich geschützte Anwartschaft entstanden ist, begründet deren Entwertung einen Vermögensschaden (vgl. Münch.-Komm.-Oetker, 4. Aufl., Rn 26 zu § 249 BGB, m.w.N.).
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 i.V.m. 709 Satz 2 ZPO, 26 EinfG ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. § 26 Nr. 7 EinfG ZPO).
Der Wert der Beschwer der Klägerin wurde im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EinfG ZPO festgesetzt.
Anmerkung Dr. Dietmar Beining: Die
Formulierung des Gerichts ist hier zumindest missverständlich:
Zwar ist im Verhältnis zwischen der Zahlstelle und der 1. Inkassostelle
die Frist für den Widerspruch der Lastschrift gemäß dem
Lastschriftabkommen der Spitzenverbände der Kreditwirtschaft auf sechs
Wochen befristet, mit der Folge, dass die Zahlstelle, die dem Schuldner
wiedervergütete Lastschrift ihrerseits nicht von der 1. Inkassostelle
zurückbekommen muss. Dies ändert aber nichts daran, dass der Schuldner
unbeschadet dessen auch nach Ablauf der 6-Wochen-Frist der Lastschrift
widersprechen darf. (Siehe statt vieler: BGH XII ZR 271/94 (Naumburg)
mit weiteren Nachweisen). Darauf ob der Kunde des Kreditinstituts den
Rechnungsabschluss genehmigt hat, oder nicht, kommt es dabei nicht an.
(Siehe dazu nur die Entscheidung des OLG Dreden 17 U 3963/98 (LG Leipzig) .
Die Entscheidung des Saarländischen OLG erweckt den Eindruck, hier
werde der Irrglaube vertreten, auch der Kunde dürfe nur binnen 6 Wochen
der Lastschrift widersprechen.